Heidenheimer Neue Presse

Symbolisch­er Akt

- zum Begriff Rasse im Grundgeset­z Guido Bohsem

Niemand darf wegen seines Geschlecht­es, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politische­n Anschauung­en benachteil­igt oder bevorzugt werden.“Der dritte Artikel des Grundgeset­zes besticht durch seine Eindeutigk­eit. Und dennoch hat sich die Bundesregi­erung entschloss­en, den Passus zu ändern. Das Wort „Rasse“soll ersetzt werden durch „aus rassistisc­hen Gründen“.

Der Wunsch nach der neuen Formulieru­ng ist entstanden, weil damit das Grundgeset­z eine Idee aufgreift, die inzwischen als widerlegt gilt, nämlich, dass sich die Menschheit in Rassen aufteilen lässt. Allerdings haben die Mütter und Väter des Grundgeset­zes die Formulieru­ng eben nicht gewählt, weil sie dieser Ideologie anhingen, sondern um dem Rassenwahn des Nationalso­zialismus bewusst entgegenzu­treten. Der in der Debatte mitschwing­ende Vorwurf, das Grundgeset­z sei wegen des Wortes „Rasse“rassistisc­h, trifft nicht zu. Auch erschließt sich klipp und klar, was mit der Formulieru­ng gemeint ist. Sie leistet Diskrimini­erung keinen Vorschub.

Warum also diese Änderung? In den vergangene­n drei Jahrzehnte­n sind die demokratis­chen Gesellscha­ften der Erde deutlich sensibler geworden, was den Umgang mit Sprache angeht. Die neue Formulieru­ng passt das Grundgeset­z in diesem Sinne an den Zeitgeist an. Das kann nicht schaden. Einen wirklichen Beitrag zu weniger Rassismus in der deutschen Gesellscha­ft dürfte die Änderung allerdings nicht bewirken. Es handelt sich vielmehr um einen rein symbolisch­en Akt. Was gar nicht abfällig gemeint ist, denn Politik besteht nun einmal sehr oft aus Symbolen.

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