Ein klarer Fall, eigentlich
In der amerikanischen Rechtsprechung gibt es sogenannte „ open and shut“- Prozesse, Fälle, in denen die Beweislage so klar und so unwiderlegbar ist, dass man von vornherein eigentlich genau weiß, wie zwölf unvoreingenommene Juroren entscheiden werden. Nach den ersten beiden Tagen des zweiten Impeachment- Prozesses gegen den ehemaligen Präsidenten Donald Trump könnte man glauben, dass dies ein solcher Prozess ist.
Nicht nur zettelte Trump an jenem unseligen 6. Januar, als es galt, im Senat den Wahlsieg von Joe Biden formal zu besiegeln, den blutigen Aufstand im Kapitol an. Trump bereitete zuvor schon für den Fall, dass Versuche scheitern, seine Niederlage vor Gericht anzufechten, die Rebellion systematisch vor. Die neuen Videos von dem Aufstand, den Trump offenbar genüsslich im Fernsehen verfolgte, und sein Schweigen, während Menschenleben – selbst das seines eigenen Vizepräsidenten – in Gefahr waren, spricht Bände über seine Selbstsucht und unterstreichen, wie sehr Loyalität für ihn eine Einbahnstraße ist.
Das Problem bei diesem Verfahren besteht darin, dass es eben kein juristischer Prozess ist, sondern ein politischer. Zwar sollten die Senatoren unvoreingenommen bleiben und die Beweise nüchtern analysieren.
Tatsache ist aber, dass Republikaner immer noch Angst haben vor Trump sowie dessen Fähigkeit, seine Anhänger gegen sie zu mobilisieren, wenn sie ihm den Rücken kehren. Solange die Partei aber an der Vergangenheit festhält und sich freiwillig dem Diktat eines abgewählten Präsidenten beugt, nützen in diesem Impeachment- Prozess auch die besten Beweise nichts.