Weniger Fälle, aber höherer Schaden
Trotz Corona deckt der Zoll Schäden in Millionenhöhe auf. Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs.
Wie viele Friseure schneiden derzeit ihren Kunden schwarz die Haare? Da das illegal ist, wäre es eine Aufgabe der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS), dem Geschehen in Privatwohnungen nachzugehen. Sie soll auch diese Form der Wirtschaftskriminalität bekämpfen. Doch sie ist überfragt. Normalerweise kontrolliert diese Abteilung des Zolls nur geöffnete Friseurläden. Was privat passiert, das verfolgt sie nur bei konkreten Hinweisen.
Dabei betonte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) bei der Vorstellung des Jahresberichts der FKS: „Illegale Beschäftigung und Schwarzarbeit sind keine Kavaliersdelikte.“Er sieht die Kontrolle erfolgreich am Werk: 2020 ging zwar die Zahl der Strafverfahren, die aufgrund der Kontrollen der FKS eingeleitet wurden, coronabdingt um etwa 9 Prozent auf 104 800 zurück. Vor allem Gaststätten, Hotels, Friseure und Messebauer wurden seltener kontrolliert, da sie wegen Corona lange geschlossen hatten.
Höherer Schaden
Da aber dem Zoll mehr große Fische ins Netz gingen, stieg die Gesamthöhe der Schäden aufgrund nicht abgeführter Sozialabgaben auf 816 Millionen Euro. Hinzu kamen Steuerschäden von 60 Millionen Euro. Die Gerichte verhängten Freiheitsstrafen von mehr als 1800 Jahren sowie Geldstrafen über 29,8 Millionen Euro. Die FSK verfolgt auch Verstöße gegen den gesetzlichen Mindestlohn. In 4200 Fällen wurden Verfahren eingeleitet und 27 Millionen Euro Bußgelder verhängt.
Trotzdem erwischt der Zoll nur die Spitze des Eisbergs. Der gesamte Umfang der Schattenwirtschaft dürfte im vergangenen Jahr um rund 5 Prozent auf 339 Milliarden Euro gestiegen sein, schätzen das Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung in Tübingen und Friedrich Schneider von der Universität Linz in ihrer jährlichen Prognose. Damit erreichte die Schattenwirtschaft 10,2 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung. In diesem Jahr rechnen die Wissenschaftler mit einem leichten Rückgang. Insbesonders die weitgehende Abschaffung des Solidaritätszuschlags mache Schwarzarbeit weniger attraktiv.