Heidenheimer Neue Presse

Missbrauch­te Geschichte

- zum Nord-stream-2-konflikt André Bochow

Bundespräs­ident Frank-walter Steinmeier hat sich den Zorn der Ukraine zugezogen. Um den Weiterbau der Gasleitung Nord Stream 2 zu rechtferti­gen, verwies Steinmeier auf die derzeit schlechten Beziehunge­n zu Russland und auf die geschichtl­iche Verantwort­ung, die aus dem Überfall Hitlerdeut­schlands auf die Sowjetunio­n vor 80 Jahren erwächst. Warum der deutsche Spitzenpol­itiker im Zusammenha­ng mit einem Wirtschaft­sprojekt auf diese Weise historisch­en Bezug nahm, bleibt sein Geheimnis.

Denn wenn Steinmeier auf den Zweiten Weltkrieg verweist, kann er die Ukraine nicht übergehen. Die deutsche Politik folgt Moskau viel zu oft darin, Russland als alleinigen Nachfolges­taat der UDSSR zu betrachten. Die sowjetisch­en Opfer des Krieges kamen aus Russland, Belorussla­nd, Kasachstan, Georgien, Armenien und aus all den anderen damaligen Sowjetrepu­bliken. Die Ukraine war einer der Hauptschau­plätze des Weltkriege­s. Acht Millionen Ukrainer verloren nach dem Überfall durch die Deutschen ihr Leben. Nicht alle durch Deutsche. An der Ermordung von 1,5 Millionen Juden waren viele Ukrainer beteiligt. Das alles aber hat mit der heutigen internatio­nalen Wirtschaft­sund Energiepol­itik wenig zu tun. Die ist von ökonomisch­en Interessen geleitet.

Hier wird Geschichte für die Gegenwart unzulässig und auch willkürlic­h herangezog­en. Die Beziehunge­n zu Russland zu verbessern, liegt im ganz aktuellen Interesse Deutschlan­ds. Nicht zuletzt im wirtschaft­lichen. Wenn es aber um historisch­e Verantwort­ung geht, dann ist Deutschlan­d allen Udssr-nachfolges­taaten verpflicht­et – ganz besonders sicher Russland und der Ukraine.

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