Kroos schießt gegen Özil
Der Star von Real Madrid kritisiert Ex-teamkollegen für die Art des Rücktritts hart und sagt: „Rassismus in der Mannschaft und im DFB gibt es nicht.“
Auch Toni Kroos war die große Enttäuschung anzusehen. Cristiano Ronaldo und Zinédine Zidane werden bei Real Madrid bereits schmerzlich vermisst. Nach der Pleite im Uefa-supercup am späten Mittwochabend gegen den Stadtrivalen Atlético stellen sich die Anhänger des Champions-league-seriensiegers schon zu Saisonanfang die bange Frage: Sind die Abgänge des Weltfußballers und des Erfolgstrainers doch nicht zu kompensieren?
Spanische Medien schrieben nach der 2:4-Pleite in der Verlängerung prompt von „Demütigung“und einem „Untergang“des Teams um Ex-weltmeister Kroos und Kapitän Sergio Ramos. Es ist lange her, dass es bei einem offiziellen Einstand eines Real-trainers vier Gegentore gab. Passiert war das zuletzt Héctor Scarone 1951. Zidane-nachfolger Julen Lopetegui steht nun beim Liga-auftakt am Sonntagabend im Heimspiel gegen den Madrider Vorortverein FC Getafe unter Druck.
Kroos machte auch aus anderen Gründen Schlagzeilen. Er hat jetzt Mesut Özil für dessen Rücktritt aus der Nationalmannschaft kritisiert, in seiner Erklärung habe viel Quatsch gestanden. Und Kroos wehrte sich gegen den Vorwurf, im DFB-TEAM und im Verband gebe es Rassismus. Özil sei „ein lieber Kerl“, sagt Toni Kroos und rechnet dann doch mit dem Ex-kollegen ab. „Die Art und Weise seines Rücktritts“sei „nicht in Ordnung“, sagt Kroos in einem Interview mit der Bild-zeitung und kritisiert dann frontal: „Der Anteil, der in seiner Erklärung gut und richtig angesprochen wird, wird leider durch den wesentlich höheren Anteil an Quatsch überschattet.“
Der Verbal-angriff ist erstaunlich, schließlich übten sich andere Kollegen wie Nationalmannschafts-kapitän Manuel Neuer oder Thomas Müller bei dem heiklen Thema zuletzt eher in Fußball-diplomatie. Dass sich Özil im Kreis des Dfb-teams nach eigener Aussage zuletzt offenbar diskriminiert gefühlt habe, kann Kroos nicht nachvollziehen: „Ich denke, dass er selbst weiß, dass es Rassismus innerhalb der Nationalmannschaft und des DFB nicht gibt.“
Das Gegenteil sei der Fall, so Kroos. „Wir setzen uns ja immer wieder aus Überzeugung für Vielfalt und Integration ein. Mesut war dafür ein gutes Beispiel, wie viele andere unserer Mitspieler auch“, sagt der Mittelfeldstar von Real Madrid. Und auch zu dem Auslöser der Affäre, dem gemeinsamen Bild von Özil und Ilkay Gündogan mit dem umstrittenen türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hat der 28-Jährige eine klare Meinung.
„Mesut wurde für das Foto kritisiert – und das zu Recht. Und er hat die Chance verstreichen lassen, sich dazu zu erklären“, sagt Kroos: „Trotzdem wurde er von der sportlichen Leitung und im Mannschaftskreis absolut unterstützt. Später wurde er – wie wir anderen auch – für die Leistung bei der WM kritisiert.“
Toni Kroos räumt aber auch ein, dass die „Art der Kritik“sicher „nicht immer auf gutem Niveau“geäußert wurde, „aber da muss man als Spieler dann durch“. Özil hätte „einen besseren Abgang verdient gehabt“, sagt Kroos, weil der Stratege vom FC Arsenal „grundsätzlich“ein „verdienter Nationalspieler“sei.
Nächstes Ziel ist die EM 2020
Im Gegensatz zu Özil will Kroos weiter unter Bundestrainer Joachim Löw für Deutschland spielen, um bei der Europameisterschaft 2020 „deutlich erfolgreicher“als beim völlig verkorksten Wm-turnier in Russland abzuschneiden. Doch dafür müssen sich laut Kroos einige Dinge ändern: Neben sportlichen Aspekten („gieriger“vor dem Tor, „unangenehmer“in der Abwehr) vor allem die Einstellung in der Mannschaft. Diese müsse „wieder dahin kommen, dass jeder sein Ego in den Hintergrund stellt, sich und seine Stärken zum Wohl des Teams einbringt und der mannschaftliche Erfolg im Mittelpunkt steht.“