„Megaschön, Tausende Menschen auf dem Gelände zu haben“
INTERVIEW Eike Eberhardt vom Dockville-Festival über Herausforderungen, gestiegene Preise und Nachhaltigkeit
Endlich wieder Musik und Party vor beeindruckender Hafenkulisse: Nach zwei Jahren Zwangspause wird am Wochenende am Reiherstieg in Wilhelmsburg wieder das MS Dockville gefeiert. Wir sprachen mit Eike Eberhardt aus dem Orga-Team über Herausforderungen, Ticketpreise und Nachhaltigkeit.
MOPOP: Zweimal musstet ihr das MS Dockville verschieben, jetzt ist es endlich wieder so weit. Was überwiegt – Vorfreude oder Stress?
Eike Eberhardt: Natürlich ist kurz vorher alles etwas stressig, aber das gehört dazu. Es überwiegen Vorfreude und Erleichterung, dass es endlich wieder losgeht. Wir haben so lange gehofft, wieder starten zu können – jetzt ist es megaschön, bald wieder Tausende Menschen auf dem Gelände zu haben.
Ihr hattet für 2020 schon ein Line-up zusammengestellt und viele Tickets verkauft. Dann kam Corona. Welchen Einfluss hatte die Pandemie auf
die Auswahl der Acts?
Die Corona-Situation hat es wahnsinnig kompliziert gemacht, ein Line-up zu buchen. Aber wir haben viele Künstler:innen aus dem Ursprungs-Line-up von 2020 mitnehmen können, beispielsweise Faber. Wir haben uns angestrengt, weil wir natürlich wissen, dass diejenigen, die 2020 ein Ticket gekauft haben, das auch wegen der Bands getan haben – aber in jedem Fall war es nicht möglich. Manche Bands spielen beispielsweise gerade gar nicht in Europa.
Haben viele Besucher:innen ihre Tickets zurückgegeben?
Wir haben eine riesige Welle der Solidarität erlebt und sind sehr glücklich, dass die meisten ihre Tickets behalten haben. Man muss aber auch sagen, dass es uns wohl finanziell das Genick gebrochen hätte, wenn wir auf einen Schlag das Geld für alle bereits gekauften Tickets hätten zurückerstatten müssen. Veranstalter:innen kämpfen aktuell mit vielen Problemen: Es fehlt Personal, Kosten steigen. Was sind für euch die größten Herausforderungen?
Alle Lieferkettenprobleme und Preissteigerungen kommen auch bei uns an. Egal ob Bühnen, Miete, technisches Personal: Alles ist viel teurer geworden, wir erleben zwischen 30 und 100 Prozent Preissteigerung. Wir versuchen beispielsweise bei der Anlieferung von Waren und Materialien Dinge zusammenzulegen: Was früher in vier Touren kam, wird heute eher in einer angeliefert. Viele Veranstalter:innen haben das Problem, dass für einen einzigen Tag oder ein einzelnes Wochenende viel aufgebaut werden muss – dieses Problem haben wir zum Glück nicht, seit einem Monat wird unser Gelände ja schon für Veranstaltungen genutzt. Das spart Geld und ist natürlich auch nachhaltiger.
Teil eures Konzepts waren immer günstigere Tickets für Anwohner:innen aus Wilhelmsburg. Dieses Jahr habt ihr da die Preise angezogen, was auch für Ärger gesorgt hat.
Prinzipiell können wir den Frust da natürlich verstehen, überall wird alles teurer. Früher waren die Anwohnertickets brutal günstig. Aber es ist leider so, dass wir einer gewissen marktwirtschaftlichen Logik ausgesetzt sind und uns da nicht selbst kannibalisieren dürfen. Wir müssen da aber leider mitrechnen: Weil die Kosten so stark gestiegen sind, wir aber natürlich auch in den vergangenen beiden Jahren kaum Einnahmen hatten.
Du hast vorhin bereits das Thema Nachhaltigkeit angesprochen. Wie wichtig ist euch das – und was tut ihr?
Natürlich können wir nicht die Welt retten – aber wir möchten auch nicht die Partys zu ihrem Untergang schmeißen. Das ist ein Balanceakt. Wir versuchen an möglichst vielen Stellen nachhaltig zu arbeiten: Wir haben zum Beispiel eine neue Bühne aus den Beständen unseres Holzlagers gebaut – und die sieht super und gar nicht nach Resteverwertung aus. Wir bieten ausschließlich ein vegetarisches und veganes Catering an. Beim Strom müssen wir auf einen Mix aus Aggregatstrom und Feststrom setzen, 70 Prozent davon sind grüner Feststrom. Und wir raten sehr deutlich davon ab, mit dem Auto zum Dockville zu kommen – sondern stattdessen mit S-Bahn, Shuttle oder auch dem Fahrrad.
MS Dockville: 19.-21.8., Schlengendeich 12, Tagestickets 80/90 Euro, alle Tage 160/185 Euro, alle Infos, Programmpunkte und Tickets unter dockville.de