Hamburger Morgenpost

„Megaschön, Tausende Menschen auf dem Gelände zu haben“

INTERVIEW Eike Eberhardt vom Dockville-Festival über Herausford­erungen, gestiegene Preise und Nachhaltig­keit

- Das Interview führte STEFAN DÜSTERHÖFT

Endlich wieder Musik und Party vor beeindruck­ender Hafenkulis­se: Nach zwei Jahren Zwangspaus­e wird am Wochenende am Reiherstie­g in Wilhelmsbu­rg wieder das MS Dockville gefeiert. Wir sprachen mit Eike Eberhardt aus dem Orga-Team über Herausford­erungen, Ticketprei­se und Nachhaltig­keit.

MOPOP: Zweimal musstet ihr das MS Dockville verschiebe­n, jetzt ist es endlich wieder so weit. Was überwiegt – Vorfreude oder Stress?

Eike Eberhardt: Natürlich ist kurz vorher alles etwas stressig, aber das gehört dazu. Es überwiegen Vorfreude und Erleichter­ung, dass es endlich wieder losgeht. Wir haben so lange gehofft, wieder starten zu können – jetzt ist es megaschön, bald wieder Tausende Menschen auf dem Gelände zu haben.

Ihr hattet für 2020 schon ein Line-up zusammenge­stellt und viele Tickets verkauft. Dann kam Corona. Welchen Einfluss hatte die Pandemie auf

die Auswahl der Acts?

Die Corona-Situation hat es wahnsinnig komplizier­t gemacht, ein Line-up zu buchen. Aber wir haben viele Künstler:innen aus dem Ursprungs-Line-up von 2020 mitnehmen können, beispielsw­eise Faber. Wir haben uns angestreng­t, weil wir natürlich wissen, dass diejenigen, die 2020 ein Ticket gekauft haben, das auch wegen der Bands getan haben – aber in jedem Fall war es nicht möglich. Manche Bands spielen beispielsw­eise gerade gar nicht in Europa.

Haben viele Besucher:innen ihre Tickets zurückgege­ben?

Wir haben eine riesige Welle der Solidaritä­t erlebt und sind sehr glücklich, dass die meisten ihre Tickets behalten haben. Man muss aber auch sagen, dass es uns wohl finanziell das Genick gebrochen hätte, wenn wir auf einen Schlag das Geld für alle bereits gekauften Tickets hätten zurückerst­atten müssen. Veranstalt­er:innen kämpfen aktuell mit vielen Problemen: Es fehlt Personal, Kosten steigen. Was sind für euch die größten Herausford­erungen?

Alle Lieferkett­enprobleme und Preissteig­erungen kommen auch bei uns an. Egal ob Bühnen, Miete, technische­s Personal: Alles ist viel teurer geworden, wir erleben zwischen 30 und 100 Prozent Preissteig­erung. Wir versuchen beispielsw­eise bei der Anlieferun­g von Waren und Materialie­n Dinge zusammenzu­legen: Was früher in vier Touren kam, wird heute eher in einer angeliefer­t. Viele Veranstalt­er:innen haben das Problem, dass für einen einzigen Tag oder ein einzelnes Wochenende viel aufgebaut werden muss – dieses Problem haben wir zum Glück nicht, seit einem Monat wird unser Gelände ja schon für Veranstalt­ungen genutzt. Das spart Geld und ist natürlich auch nachhaltig­er.

Teil eures Konzepts waren immer günstigere Tickets für Anwohner:innen aus Wilhelmsbu­rg. Dieses Jahr habt ihr da die Preise angezogen, was auch für Ärger gesorgt hat.

Prinzipiel­l können wir den Frust da natürlich verstehen, überall wird alles teurer. Früher waren die Anwohnerti­ckets brutal günstig. Aber es ist leider so, dass wir einer gewissen marktwirts­chaftliche­n Logik ausgesetzt sind und uns da nicht selbst kannibalis­ieren dürfen. Wir müssen da aber leider mitrechnen: Weil die Kosten so stark gestiegen sind, wir aber natürlich auch in den vergangene­n beiden Jahren kaum Einnahmen hatten.

Du hast vorhin bereits das Thema Nachhaltig­keit angesproch­en. Wie wichtig ist euch das – und was tut ihr?

Natürlich können wir nicht die Welt retten – aber wir möchten auch nicht die Partys zu ihrem Untergang schmeißen. Das ist ein Balanceakt. Wir versuchen an möglichst vielen Stellen nachhaltig zu arbeiten: Wir haben zum Beispiel eine neue Bühne aus den Beständen unseres Holzlagers gebaut – und die sieht super und gar nicht nach Resteverwe­rtung aus. Wir bieten ausschließ­lich ein vegetarisc­hes und veganes Catering an. Beim Strom müssen wir auf einen Mix aus Aggregatst­rom und Feststrom setzen, 70 Prozent davon sind grüner Feststrom. Und wir raten sehr deutlich davon ab, mit dem Auto zum Dockville zu kommen – sondern stattdesse­n mit S-Bahn, Shuttle oder auch dem Fahrrad.

MS Dockville: 19.-21.8., Schlengend­eich 12, Tagesticke­ts 80/90 Euro, alle Tage 160/185 Euro, alle Infos, Programmpu­nkte und Tickets unter dockville.de

 ?? ?? Endlich kann das Dockville in Wilhelmsbu­rg am kommenden Wochenende nach zwei Jahren Corona-Zwangspaus­e wieder stattfinde­n.
Endlich kann das Dockville in Wilhelmsbu­rg am kommenden Wochenende nach zwei Jahren Corona-Zwangspaus­e wieder stattfinde­n.
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 ?? ?? Die Französin Anetha ist eigentlich Architekti­n, jetzt baut sie lieber DJ-Sets aus düsterem Techno mit Einflüssen aus Trance, Elektro und den 90ern (ihr Slot: Sonntag, 21.30 Uhr).
Die Französin Anetha ist eigentlich Architekti­n, jetzt baut sie lieber DJ-Sets aus düsterem Techno mit Einflüssen aus Trance, Elektro und den 90ern (ihr Slot: Sonntag, 21.30 Uhr).
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Eike Eberhardt vom Orga-Team des Dockville hat MOPOP vorab ein Interview gegeben.
 ?? ?? Die Kieler Indierock-Band Leoniden spielt Samstag um 20.40 Uhr auf dem Dockville.
Die Kieler Indierock-Band Leoniden spielt Samstag um 20.40 Uhr auf dem Dockville.

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