Hamburger Morgenpost

„Der Krieg macht uns alle ärmer“

FINANZMINI­STER Lindner schwört Bevölkerun­g auf Wohlstands­verlust ein

- BERLIN –

Wer schlechte Nachrichte­n überbringt, macht sich beim Wahlvolk unbeliebt – das war bisher ein Glaubenssa­tz der politische­n Kommunikat­ion. Von diesem Kurs scheinen Ampel-Politiker im UkraineKri­eg abzukommen. Jüngstes Beispiel: Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP).

„Der Ukraine-Krieg macht uns alle ärmer, zum Beispiel weil wir mehr für importiert­e Energie zahlen müssen“, sagte Linder nun der „BamS“. „Diesen Wohlstands­verlust kann auch der Staat nicht auffangen.“Die Regierung werde aber „die größten Schocks abfedern“, versprach er. Deshalb werde die breite Mitte entlastet, würden Bedürftige unterstütz­t und die Existenz bedrohter Betriebe gesichert. „Aber da die Finanzmitt­el begrenzt sind, können diese Maßnahmen nur befristet sein.“

Angesichts einer Inflations­rate von 7,3 Prozent im März gibt sich Lindner eher pessimisti­sch: „Ich habe ernsthafte Sorgen um die wirtschaft­liche Entwicklun­g. Das Wachstum geht zurück, die Preise steigen.“Die Bundesregi­erung unternehme alles, um die Gefahr der sogenannte­n Stagflatio­n zu vermeiden. Stagflatio­n bedeutet Stillstand des Wirtschaft­swachstums bei gleichzeit­iger Geldentwer­tung.

„Langfristi­g werden wir neue Grundlagen für Wohlstand legen müssen. Deutschlan­d muss sein Wachstumsm­odell einer sozialen und ökologisch­en Marktwirts­chaft erneuern.“Ähnlich hoch wie im März war die Inflations­rate in den alten Bundesländ­ern zuletzt 1981, als infolge der Auswirkung­en des ersten Golfkriege­s die Mineralölp­reise ebenfalls deutlich stiegen.

Lindner bereitet die Bürger also psychologi­sch auf das vor, was in den nächsten Monaten trotz Entlastung­spaketen auf das Land zukommen dürfte: erheblich höhere Lebenshalt­ungskosten. Auch Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck (Grüne) hatte kürzlich ähnlich klare Worte gefunden. „Die Sanktionen gegen Russland kosten uns Wohlstand“, sagte er vorige Woche im ZDF bei „Lanz“.

Gleichzeit­ig gab Habeck einen Hinweis darauf, woher der neue Mut zur Offenheit kommt: Er habe noch keine Kritik an den aktuellen Sanktionen aus der Wirtschaft gehört, und auch kein Bürger habe ihm bisher geraten, Deutschlan­d solle sich mit Russland verbünden und die Ukraine „verrecken“lassen. Heißt wohl: Die meisten Bürger verstehen sowieso, dass wir uns in einer „Zeitenwend­e“(O-Ton Olaf Scholz) befinden.

Langfristi­g werden wir neue Grundlagen für Wohlstand legen müssen. Christian Lindner (FDP), Finanzmini­ster

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Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP) spricht über wirtschaft­liche Konsequenz­en.

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