Auf die Plätze, fertig, Derby!
KONKURRENZ Kampf um den Spiel-Kader so heiß wie noch nie. Hohe Qualität, Härtefälle, „keine Opfer“
Alle wollen, die meisten könnten, aber längst nicht jeder darf dabei und sogar mittendrin sein im Spiel des Jahres. Mit dem Start in die Derby-Vorbereitung ist beim FC St. Pauli auch der Kampf um die Kaderplätze und die erste Elf entbrannt, der so heiß ist wie lange nicht vor einem Stadtduell.
29 Spieler, darunter drei Torhüter, tummelten sich am Dienstagnachmittag auf dem Rasen an der Kollaustraße. Fast alle kommen für das Spiel am Montagabend im Millerntorstadion in Frage. 20 Plätze sind zu vergeben, davon elf in der Startformation.
„Es wird ein heißer Kampf um die Plätze im Derby-Kader“, weiß Andreas Bornemann. Der Sportchef, stets ein aufmerksamer Beobachter der Trainingseinheiten, freut sich über das personelle Überangebot. „Wir haben endlich eine hohe Verfügbarkeit im Kader, die wir lange nicht hatten.“
Motivation und eine in dieser Woche noch einmal höhere Trainingsintensität sind garantiert, Frust ist programmiert, denn es wird wieder einmal Härtefälle und Enttäuschte geben.
Marvin Knoll etwa, in allen fünf Zweitliga-Derbys gegen den HSV in der Startformation und im Hinspiel
Kapitän, dürfte nach Stand der Dinge am Montag nicht einmal auf der Bank sitzen. St. Paulis Derby-Dauerbrenner droht erneut ein SofaPlatz. Knoll war zuletzt viermal in Serie nicht im Kader.
Ein Heimspiel gegen Darmstadt zu verpassen, schmerzt. Beim Derby außen vor zu sein, obwohl man fit ist, tut doppelt weh.
Chefcoach Schultz ist in den Tagen vor und nach dem Stadtduell auch als Psychologe gefragt. Die freie Auswahl
sei „für einen Trainer einerseits eine optimale Situation“, so Bornemann, „aber natürlich auch schwierig, weil er die Spieler, die nicht spielen oder nicht im Kader sind, weiter einbinden und bei Laune halten muss.“
Seit einigen Wochen reicht es nicht mehr aus, einfach nur fit zu sein, um einen Platz im Spieltagskader sicher zu haben. Und es gibt auch nicht mehr die Garantie, nach guten Leistungen in der Startelf zu bleiben.
„Rico Benatelli beispielsweise hatte eine enorme Bedeutung für unser Spiel in einer wichtigen Phase der Saison, aber im Moment haben eben andere Spieler die Nase vorn“, sagt Bornemann über den 28-Jährigen, der in den letzten vier Partien nicht zum Einsatz gekommen war.
Der Routinier ist der vielleicht härteste Härtefall, war lange Zeit Leistungsträger, musste dann aber WinterZugang Eric Smith weichen, der seine Sache im defensiven Mittelfeld nicht nur gut, sondern besser machte.
Dass „gut“auf einigen Positionen nicht gut genug ist, um zu spielen, hat es bei St. Pauli lange nicht gegeben. Es ist zugleich Ausdruck und Grund des Aufschwungs.
„Das Qualitätslevel ist deutlich angestiegen“, befindet Bornemann, der weiß, dass der Höhenflug nicht nur Gewinner hat. Aber: „Es gibt keine Opfer bei uns“, stellt er klar. Die Bezeichnung „Leidtragende“lässt er gelten, betont aber, dass jeder seinen Teil zum großen Ganzen beitrage. „Wenn einer nicht spielt oder nicht im Kader ist, liegt das daran, dass ein anderer einfach besser drauf ist. Das mag hart für den Einzelnen sein, ist aber gut für die Mannschaft.“Diese Worte taugen als Botschaft für die Derby-Woche.