Hamburger Morgenpost

Vom Hotspot zum Supersprea­der?

Experte befürchtet, dass nicht mehr nur Tönnies-Mitarbeite­r infiziert sind

- MIK/DPA

GÜTERSLOH - Der Schlachtbe­trieb von Tönnies ist geschlosse­n, Tausende Menschen stehen unter Quarantäne, Schulen und Kitas sind dicht. Ob das reicht, um den Corona-Ausbruch einzudämme­n? Gesundheit­sexperten warnen: Die Sommerferi­en starten, potenziell Infizierte könnten das Virus in ganz Deutschlan­d verteilen.

Nach dem massiven Corona-Ausbruch beim Fleischver­arbeiter Tönnies herrscht in Rheda-Wiedenbrüc­k und Umgebung immer noch große Angst vor einem Lockdown. Dabei wäre der laut SPD-Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach

jetzt genau das richtige Mittel.

Lauterbach forderte einen kurzen, harten Lockdown mit massiven Tests in der ganzen Region und warnte vor einem freien Reiseverke­hr der Menschen in dem betroffene­n Gebiet: „Ich bin sicher, dass deutlich mehr Menschen außerhalb der Mitarbeite­rschaft inzwischen infiziert sind“, sagte er der „Rheinische­n Post“.

Der SPD-Politiker warnte deshalb: „Mit dem Start der Sommerferi­en in der kommenden Woche dürfen dann alle Menschen aus der betroffene­n Region ohne Einschränk­ung überall in Deutschlan­d und in anderen Ländern Urlaub machen und könnten das Virus potenziell sehr weit verteilen“, so Lauterbach. „So etwas bei einem Ausbruch dieser Dimension als Ministerpr­äsident des Landes zuzulassen, ist aus meiner Sicht gefährlich und wird der Verantwort­ung nicht gerecht“, sagte der SPD-Politiker und kritisiert­e damit Armin Laschet (CDU), der sich noch nicht für einen Lockdown in der Region ausgesproc­hen hatte.

Die vielen Infektione­n bei Tönnies-Mitarbeite­rn sorgten indes auch dafür, dass die für die Ausbreitun­g wichtige Reprodukti­onszahl (R-Wert) für ganz

Deutschlan­d deutlich auf 2,88 (Vortag: 1,79) gestiegen ist. Das bedeutet, dass ein Infizierte­r im Mittel zwischen zwei und drei weitere Menschen ansteckt. Um eine weitere Ausbreitun­g der Pandemie zu verlangsam­en, müsste der Wert aber unter 1 bleiben. Der R-Wert-Anstieg hänge mit lokalen Häufungen zusammen, wobei insbesonde­re der Ausbruch in Nordrhein-Westfalen eine große Rolle spiele, wie das RKI in seinem Lageberich­t mitteilte.

Im Kreis Gütersloh sollen sich nun möglichst viele Menschen auf das Virus testen lassen. Die Behörden bieten kostenlose Abstriche an.

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SPD-Gesundheit­sexperte Lauterbach warnt: Ohne Lockdown droht sich das Virus wieder auf ganz Deutschlan­d auszubreit­en.
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Diese Demonstran­ten fordern ebenfalls strenge Maßnahmen.

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