Viele Babys ohne Händchen geboren
Schon drei Fälle im gleichen Krankenhaus. Ursache unklar
Von PHILIPP J. MECKERT
KÖLN – Hilfe, unser Baby hat kein Händchen! Eltern sind schockiert, Hebammen alarmiert, Krankenhäuser irritiert: Nach einer unerklärlichen Häufung in Frankreich, wo in eng begrenzten Gebieten 25 Babys mit fehlenden Fingern, Händen oder Armen zur Welt gekommen sind, traten nun auch im Ruhrgebiet ähnliche Fälle auf.
Das Netzwerk der Kölner Hebammen tauscht sich derim zeit über die Vorfälle Gelsenkirchener Raum aus, die Sprachnachricht einer besorgten Geburtshelferin verbreitet sich per WhatsApp rasant in den Kreißsälen und Praxen. Der Fall erinnert an den ConterganSkandal Anfang der 60er Jahre.
Die Kölner Hebammen fragen sich: Sind auch bei uns fehlgebildete Kinder geboren worden – ohne eindeutige Ursache? Die bekannte Kölner Hebamme Sonja Liggettden Igelmund (45) will Fall in die Öffentlichkeit bringen: „Da Missbildungen bei Neugeborenen von den Krankenhäusern nicht zentral gemeldet werden, ist es derzeit unklar, ob der Fall nicht weitaus größere Dimensionen hat – und Gefahr im Verzug ist.“
Vielleicht, so die Hebamme, seien bereits in Deutschland Hunderte Babys ohne Händchen geboren worden, aus denen sich dann ein Muster erkennen ließe. In Frankreich etwa hätten viele Mütter der betroffenen Kinder gemein, dass sie in der Nähe von Feldern leben, auf denen Getreide und Sonnenblumen wachsen. MOPO fragte in der betroffenen Klinik in
Gelsenkirchen nach: Was ist passiert?
„In der geburtshilflichen Abteilung des Sankt Marien-Hospitals Buer sind zwischen Juni und Anfang September 2019 insgesamt drei Kinder mit einer isolierten einseitigen Handfehlbildung geboren worden“, bestätigt ein Sprecher. „Bei zweien der betroffenen Kinder war die linke Hand deformiert – bei normalem Unterarm waren die Handteller und Finger nur rudimentär angelegt. Bei einem Kind war die rechte Hand betroffen – auch hier waren bei normalem Unterarm Handteller und Finger nur rudimentär angelegt.“
Der Sprecher weiter: „Fehlbildungen dieser Art haben wir viele Jahre lang nicht gesehen.“Und: „Wir finden jedoch den kurzen Zeitraum, in dem wir jetzt
iese drei Fälle sehen, auffällig.“Die Klinik nahm jetzt Kontakt zur Berliner Charité auf, Abteilung „Embryonaltoxikologie“. Die Experten für Arzneimittelrisiken während der Schwangerschaft sollen die Fälle intensiv untersuchen.
Hebamme Sonja LiggettIgelmund: „Für betroffene Eltern ist ein nicht perfektes Bay unheimlich schwer zu verarbeiten. Wir hoffen, dass sich trotzdem Eltern melden, die für die Fehlbildung des Kindes keine Erklärung haben. Sie könnten helfen, das Rätsel zu lösen. Umweltfaktoren, Ernährung, Medikamente? Keiner weiß es.“