Wie uns der Neandertaler heute noch fit hält
Die Mischung der Arten brachte viele Vorteile – aber leider auch die Nikotinsucht
STANFORD - Seit einigen Jahren ist es bekannt: Neandertaler und Homo sapiens lebten nicht aneinander vorbei, sondern begegneten sich und zeugten Nachkommen. Europäer und Asiaten haben zwischen zwei und vier Prozent Neandertaler-DNA in ihrem Genom – und das nicht zufällig, wie US-Forscher nun herausgefunden haben. Sie schützen den Menschen vor Infektionskrankheiten.
Das Team um die Forscher Dmitri Petrov und David Enard veröffentlichte die Studie jüngst im Fachblatt „Cell“. Während der „Paarungszeit“zwischen Neandertalern und Homo sapiens vor etwa 50 000 und 100 000 Jahren gaben sie genetische Anpassungen an ihre Nachkommen weiter, die bei der Abwehr von Krankheitserregern helfen.
Enard und Petrov nahmen für die Untersuchung 4000 Gene des modernen Menschen unter die Lupe und fanden bei den heutigen Europäern 152 Genfragmente, über die auch schon der Neandertaler verfügte – und diese interagieren mit heutigen Viren wie Influenza-A, Hepatitis C und dem HI-Virus, die zur Gruppe der RNA-Viren gehören.
Die Forscher schließen daraus, dass diese Gene, die vom Neandertaler auf den Homo sapiens übergegangen waren, unseren Vorfahren geholfen haben. Als diese nämlich von Afrika nach Europa kamen, waren sie auf die neuen Viren nicht eingestellt. Anders als die Neandertaler, die sich zuvor schon zehntausende
Jahre darauf einstellen konnten.
Im Zuge der Vermischung der beiden Menschenarten fand aber nicht nur ein Virenaustausch statt, sondern auch die Gene zur Abwehr derselben wurden vermischt. Das half den Homo sapiens damals nach ihrem Auszug aus Afrika – und es hilft dem modernen Menschen noch heute bei der Abwehr bestimmter Krankheitserreger.
Bei den heutigen Asiaten fanden die Forscher sogar noch mehr Genabschnitte, die auf den Neandertaler zurückgehen. Allerdings mit anderen Wechselwirkungen als bei heutigen Europäern. Ursächlich für die Unterschiede ist laut der Studie vermutlich, dass die Kreuzung zwischen Homo sapiens und Neandertalern zu unterschiedlichen Zeiten und an unterschiedlichen Orten stattfand und so bestimmte Krankheiten gar keine Rolle spielten.
Doch der Homo neanderthalensis brachte leider nicht nur positive Eigenschaften wie den Schutz vor bestimmten Krankheiten oder Kälte in das Erbgut der Menschen. Bereits 2016 fanden Genetiker heraus, dass die Anfälligkeit für Nikotinsucht, Blasenprobleme, Depressionen oder Hauterkrankungen durch die Neandertaler-Gene begünstigt werden.