Es gibt viele Vorurteile über das islamische Ritual. Die MOPO nennt die Fakten
Wenn ein Rind geschächtet wird, dann wird ihm bei vollem Bewusstsein die Kehle durchgeschnitten. Es stirbt einen minutenlangen qualvollen Tod. An diese Tierquälerei denken viele Hamburger, wenn sie davon hören, dass in einigen Schulkantinen Halal-Fleisch auf den Teller kommt (MOPO berichtete). Doch Tierschützer beruhigen: „HalalSchlachtungen in Deutschland sind nicht qualvoller als herkömmliche Schlachtungen.“
Der Grund lässt sich laut Angela Dinter, Fachreferentin bei „Pro Vieh“, leicht auf den Punkt bringen: „In Deutschland wird nur in äußerst geringen Mengen geschächtet. Von den 3,8 Millionen geschlachteten Rindern jährlich sind nur ein paar Tausend, also unter ein Prozent, geschächtet worden“, rechnet sie vor.
Die meisten Rinder und auch das Geflügel, das halal in Deutschland geschlachtet wird, wurde vorher betäubt. „Der Betäubungs- und Tötungsvorgang unterscheidet sich dabei in gar nichts von einer klassischen deutschen Schlachtung“, erklärt Dinter. Der Unterschied bestehe nur darin, dass ein gläubiger Muslim die Betäubung und Tötung vornehme und sich nach Mekka ausrichte.
Diese Art der Schlachtung wird seit Jahrzehnten auch schon beim Geflügel-Giganten Wiesenhof vorgenommen. Dort sind sogar die Schlachtanlagen seit Jahren nach Mekka ausgerichtet. Bei Deutschlands größtem Schlachthof Tönnies wird ein Teil der Rinder halal geschlachtet.
Der Caterer der Grundschule Bonhoefferstraße (Billstedt), Okan Saiti von Mammas Canteen, etwa liefert teils halal. „Ich beziehe dieses Fleisch aus Deutschland, arbeite mit Lieferanten für türkische Supermärkte zusammen“, sagt er. Das sei heute ganz unkompliziert. Aus Hamburg kommt das Fleisch aber nicht. Denn laut Gesundheitsbehörde gibt es nur noch einen einzigen Schlachtbetrieb in der Stadt und der habe keine Halal-Zertifizierung.
Grundsätzlich können Kunden überall an den Fleischtheken, ohne es zu wissen, Halal-Rindfleisch oder -geflügel kaufen. Denn es muss nicht deklariert werden und unterscheidet sich ohnehin nicht von anderem Fleisch.
Einen klaren Unterschied macht aber das Fleisch von geschächteten Tieren. Das lehnt auch „Pro Vieh“als furchtbare Tierquälerei absolut ab. Dinter: „Zum Glück gibt es in Deutschland nur wenige Schlachthöfe, die eine Genehmigung dafür haben.“Die Auflagen seien sehr hoch und die Zahl der Betriebe und der Schlachtungen dort steige auch zum Glück nicht.
Bisher gibt es in Deutschland diese Ausnahme-Genehmigungen noch, weil argumentiert wird, dass die Religionsfreiheit über dem Tierschutz steht. Dinter: „Aber in der Praxis werden zum Glück keine neuen Genehmigungen erteilt.“Die Nachfrage scheine auch gar nicht zu bestehen, weil die ganz große Mehrheit der Muslime die BetäubungsSchlachtung anerkenne.
Wer allerdings sein Fleisch an der Ladentheke nicht aus Deutschland kauft, der kann sich laut Dinter überhaupt nicht sicher sein, dass das Tier nicht vielleicht grausam und unbetäubt getötet wurde. In Norwegen, Dänemark, Island und Polen ist das Schächten bereits verboten. Dinter: „Aber in Frankreich hat das Schächten zugenommen. Wer von dort importiertes Fleisch isst – völlig unabhängig von der Halal-Frage –, könnte ungewollt solche Tierquälerei unterstützen.“