Hamburgs Bäume brauchen hilfe
Monatelange Dürre setzt Straßengrün zu. Welche Pflanzen besonders leiden, wie jeder helfen kann:
Ein ordentlicher Wind kommt auf – und in der Stadt gibt’s vielerorts sofort das gleiche Bild: Menschen springen erschreckt zur Seite, weil teils armlange Rindenstücke von den Platanen zu Boden fallen. Ein Blick nach oben: Kahle Stellen in den Kronen. Auch bei den Linden scheint es Probleme zu geben: Viele verlieren Blätter gelber Farbe – als ob schon Herbst wäre. Viele Hamburger sorgen sich um die Bäume der Stadt.
➤ Warum „häuten“sich Platanen? „Wenn die Platane ihre Borke abwirft, ist das kein Grund zur Besorgnis“, beruhigt Horst Stobbe vom Baumpflege-Institut in Hamburg. Es handele sich um einen normalen Wachstumsprozess, bei dem den Bäumen „das Kleid zu eng“werde. Ähnlich der Häutung einer Schlange. Die lange anhaltende Trockenheit kombiniert mit dem regenreichen Frühjahr beschleunigt diesen natürlichen Vorgang, lässt die Borke zudem härter werden als üblich. So entstehen die kahlen Flächen – und nicht wie sonst üblich die mosaikartigen grün-braunen Platanenflecken.
➤ Warum verlieren Linden gelbes Laub? Während die Platane, die aus dem Mittelmeerraum zu uns kam, Trockenheit gewohnt ist, sind die gelben Blätter der Linden schon deutlicher dem Wetter zuzuordnen: „Sie haben bei dauerhaft hohen Temperaturen und Trockenheit eine spezielle Überlebensstrategie entwickelt“, sagt Experte
Stobbe. Wenn über die Blätter mehr Wasser verdunste als über die Wurzeln aufgenommen werde, dann wirft die Linde die Blätter einfach kurzerhand ab. Und entzieht ihnen noch schnell das nährstoffreiche Chlorophyll, das auch für die grüne Farbe verantwortlich ist. ➤ Welche Bäume zeigen noch Auffälligkeiten? „Bei den Rotbuchen bilden sich schon Bucheckern aus, das ist schon recht früh“, sagt Krzysztof Wesolowski vom Nabu Hamburg. Auch die Vogelbeeren der Eberesche seien ungewöhnlich früh reif. Besorgniserregend sei das aber alles nicht. „Pflanzen passen sich an, sind wahre Überlebenskünstler.“Auch die Sprecherin der „Schutzgemeinschaft Deutscher Wald“, Sabine Krömer-Butz, betont, dass Bäume so ihre Tricks kennen, mit der Trockenheit umzugehen, ähnlich der Blätter abwerfenden Linde: „Eichen, Weiden und Pappeln trennen sich im Notfall gleich von ganzen Ästen.“
➤ Mit welchen Schwierigkeiten haben speziell Stadtbäume zu kämpfen? Der Nabu-Experte Wesolowski betont, dass vor allem Bäume, die direkt an Straßen stehen, mit der Trockenheit Schwierigkeiten bekommen können. Abgase, Feinstaub belasten sie ohnehin. Besonders problematisch sei es, wenn die Bäume in versiegelten Flächen stünden. „Wasser, das sonst im Boden um den Baum versickern würde, fließt dann ab.“➤ Wie viel Wasser braucht ein Baum? Ein größerer Straßenbaum verbraucht bei so hohen Temperaturen zwar 60 bis 100 Liter Wasser pro Woche. Allerdings reichen deren Wurzeln im Normalfall tief genug ins Erdreich, dass sie sich aus den tieferen Schichten bedienen können, die noch feucht genug sind. Problematischer wird es eigentlich nur bei jüngeren Bäumen.
➤ Sollten Hamburger Bäume selbst bewässern? Grundsätzlich würden sie das empfehlen, sagt UmweltbehördenSprecher Björn Marzahn. Allerdings nur bei jungen Bäumen, deren Wurzeln noch nicht so tief reichen. Die solle man bei diesen Temperaturen gerne „reichlich und regelmäßig“gießen. „Bei den alten großen Bäumen sind die Wurzeln so verzweigt, dass das Gießwasser sie nicht erreicht.“Auch Nabu-Experte Wesolowski betont: „Wenn Sie einen jüngeren Baum sehen, der Auffälligkeiten zeigt, können Sie den bewässern.“Aber: Unnötigen Wasserverbrauch wolle er nicht empfehlen, zu wertvoll sei die Ressource. „Flachwurzler sollten nicht im Wasser stehen“, mit dem Gießen sollte man es nicht übertreiben. Er appelliert, auch außerhalb von Trocken-Perioden mehr auf Bäume zu achten: „Sie liefern uns gute Luft, da sollten wir öfter etwas zurückgeben.“