Hamburger Morgenpost

Hier spricht Jogis Yoga-Lehrer

Zurückhalt­ung – und Hoffnung auf Einsatz

- Warum das?

Vor dem Endspiel gegen Schweden gilt es, die richtige Mischung aus Anspannung und Entspannun­g zu finden. Dafür zuständig: Patrick Broome (50), YogaLehrer des DFB-Teams. Seit Dienstag ist der Kulmbacher in Russland. Findet die Mannschaft jetzt zu sich?

MOPO: Sie werden gebraucht! Ihre Aufgabe besteht ja darin, die (An-)Spannung der Spieler zu lösen.

Patrick Broome: Ganz genau. Yoga ist eine perfekte Ergänzung, ein super Ausgleich zu den kräftezehr­enden Trainingse­inheiten. Yoga mobilisier­t, kräftigt, dehnt, streckt. Ziel ist es, die Körperpart­ien, die überbelast­et sind, zu entspannen und die, die unterentwi­ckelt sind, zu kräftigen.

Das klingt nach Arbeit...

Ja, Yoga kann auch anstrengen­d sein.

Vor allem nach einem Spiel, wenn die Muskeln verkürzt sind, sieht man den Jungs an, dass sie keinen Spaß an der Sache haben. Aber da müssen sie durch. Meistens geht es ihnen danach sogar besser.

Gibt es auch Spieler, die keine Lust auf Yoga haben?

Die hat es gegeben. Jens Lehmann zum Beispiel hat sich lange geweigert.

Ich glaube, weil er Angst hatte, seinen Biss auf dem Feld zu verlieren. Das ist so ein altes Vorurteil, das der indischen Lehre anhaftet.

Aber da ist nichts dran?

Ganz im Gegenteil! Yoga stärkt nicht nur den Körper, sondern auch den Geist. Das wiederum kann helfen, Ziele zu visualisie­ren und ganz bewusst umzusetzen.

Das sollte doch auch einen TopTorwart überzeugt haben, oder?

Ja, tatsächlic­h! Irgendwann ist Lehmann über seinen Schatten gesprungen und hat es einfach ausprobier­t. Mittlerwei­le ist er ein riesen Yoga-Fan.

Was ist mit den aktuellen Spielern unserer Nationalel­f?

Manche kommen regelmäßig, manche eher selten.

Und unser Jogi?

Der ist total begeistert. Seit wir hier sind, hatte er aber noch keine Zeit, an einer Session teilzunehm­en.

Das heißt, niemand wird zum Sonnengruß gezwungen?

Nein, das Angebot ist freiwillig. Außer nach einem Spiel. Da stehen bei allen Spielern zwei Regenerati­onseinheit­en auf dem Plan. Zwanzig Minuten radeln, zwanzig Minuten Yoga.

Und da wird nicht gemurrt?

Nein. Bei der ganzen Spannung, die auf dem System lastet, sind die Spieler froh, wenn sie mal entspannen können. Gerade in Phasen, in denen der Schlaf unter der Anspannung leidet, helfe ich ihnen, runterzuko­mmen.

Wo finden die Sessions statt?

Wir haben einen kleinen Fitnessrau­m mit Spiegelwan­d und Gummiboden.

Und die Spieler kommen barfuß und in Schlabberh­ose?

Barfuß ja. Bei den Klamotten gibt es klare Vorschrift­en. Heute haben wir zum Beispiel ein einheitlic­hes grünes T-Shirt an.

Also eine Mischung aus Kaserne und Jugendherb­erge...

So ungefähr. Nein, Spaß! Die einheitlic­he Kleidung ist dazu da, die Spieler näher zusammenzu­bringen. Das Ego wird im Camp hinten angestellt. Es geht einzig und allein um die Mannschaft – und ihr gemeinsame­s Ziel, den WM-Titel.

Klappt es trotz der Pleite gegen Mexiko mit der Titelverte­idigung?

Die Jungs sind auf jeden Fall super entspannt – und hoch motiviert.

DAS INTERVIEW FÜHRTE MANUEL BONKE

Marco Reus sprach mit leiser Stimme. Auf dem Podium des Konferenzs­aals im Fünf-Sterne-Hotel Radisson Blu wirkte der Dortmunder neben Teamkolleg­e Thomas Müller schüchtern, fast ein bisschen verloren. Dabei könnte er am Sonnabend ganz wichtig werden – und mit Deutschlan­d gewinnen.

„Es liegt nicht in meiner Hand. Ich gebe im Training Gas und biete mich an“, sagte der 29-Jährige, angesproch­en auf einen Startelf-Einsatz gegen Schweden. Ein Lautsprech­er klingt anders. Egal. Die Forderunge­n stellen andere für den verletzung­sanfällige­n Flügelflit­zer. Experten und Fans sind sich einig: Reus muss starten! „Das bekommt man natürlich mit“, sagte Reus. „Der Bundestrai­ner hat sich noch nicht festgelegt, aber er weiß um meine Fähigkeite­n.“

Beim Fehlstart gegen Mexiko (0:1) durfte er sein Tempo, Trickreich­tum und Torgefahr erst nach einer Stunde unter Beweis stellen und brachte damit Schwung ins lahmende deutsche Angriffssp­iel. Und auch bei der WM-Generalpro­be gegen Saudi-Arabien (2:1) war er einer der wenigen Lichtblick­e. „Irgendeine­n Impuls wird es schon geben“, sagte auch Manager Oliver Bierhoff gestern mit Blick auf Starfelf-Veränderun­gen.

Dieser Impuls dürfte Reus sein. Entweder im Angriff für den noch unerfahren­en Timo Werner oder im offensiven Mittelfeld für Mesut Özil oder Julian Draxler.

Und am Ende legte Reus dann doch noch seine Schüchtern­heit ab: „Ich hoffe, dass ich zum Einsatz komme und der Mannschaft helfen kann. Die Position ist mir eigentlich egal“, sagte Reus, und betonte, dass er „den Ehrgeiz“habe zu spielen: „Sonst wäre ich hier fehl am Platz.“Marco Reus – endlich startklar!

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Patrick Broome

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