Sprayer-Attacke auf die S-Bahn
Bahnsprecherin: „In dieser Größe gab es das noch nie in unserer Stadt.“
Sie kamen mitten in der Nacht – und sprühten das wohl größte illegale Graffiti, mit dem je ein Hamburger Bahnhof verunstaltet wurde. Riesige Buchstaben und Zahlen prangen nun auf den Wänden der S-BahnHaltestelle Königstraße (Altona-Altstadt).
Im Schutze der Dunkelheit dringt eine Gruppe um kurz vor 2 Uhr in den Bahnhof Königstraße ein. Zu dieser Zeit fahren keine Bahnen mehr, der nächste Zug wird erst nach 4 Uhr morgens wieder die Haltestelle durchfahren. Die Sprayer haben also Zeit.
Sie sprühen an die braun-gefliesten Wände und die grauen Betonsäulen ihre „Tags“, so nennen sich in der Szene die SprayerPseudonyme. Es ist laut einer Bahnsprecherin das größte Graffiti, was jemals auf einen Schlag in einem Hamburger Bahnhof gemacht worden ist: „In dieser Größe gab es das noch nie zuvor in unserer Stadt.“
Was die Täter aber nicht wissen: Sie werden bei ihrer Tat in der Nacht zum 16. November beobachtet. Ein Zeuge sieht die Gruppe, alarmiert die Polizei. Doch als die eintrifft, sind die Sprayer schon über alle Berge.
Aber am Tatort finden die Beamten mehrere Hinweise auf die Täter. Auch eine benutzte Sprühdose wird sichergestellt, die jetzt im Labor untersucht wird. Außerdem wird Videomaterial aus Überwachungskameras ausgewertet, das die Täter beim Sprayen zeigt.
„Das hat rein nichts mit Kunst zu tun. Das ist nur eine große Schmiererei“, so die Bahnsprecherin auf MOPO-Anfrage. Noch in diesem Jahr soll die „Schmiererei“übergestrichen werden. Was allerdings nicht ganz einfach wird. Denn alle fünf Minuten fahren dort die Bahnen. Zu Hauptverkehrszeiten sogar alle drei Minuten. Daher werden die Arbeiten nachts stattfinden müssen. Und die Kosten? „Das wird derzeit ermittelt.“
Rechtlich gesehen handelt es sich bei solchen Graffitis um Sachbeschädigung. Den Sprayern droht bei Festnahme bis zu zwei Jahren Knast. Und zivilrechtlich müssen die Täter im Fall einer Verurteilung für den Schaden aufkommen.
Im Jahr 2016 wurden 27000 Graffiti-Taten an deutschen Bahnhöfen registriert. Gegenüber dem Vorjahr ein leichter Anstieg. Die Tendenz für 2017: weiter steigend. Die Deutsche Bahn erklärt sich die erhöhten Zahlen durch eine verstärkte Präsenz der Sicherheitskräfte und konsequentere Anzeigen bei der Polizei. 250 Sprayer wurden sogar auf frischer Tat geschnappt.
Die Hamburger Bundespolizei vermeldet dagegen rückläufige Zahlen: Wurden 2015 noch 776 Anzeigen gestellt, so waren es 2016 noch 715. „Das ist ein Rückgang von 7,9 Prozent“sagt Rüdiger Carstens, Pressesprecher der Bundespolizei. Eine Tendenz gibt es für 2017 noch nicht.
Warum hat man die Sprayer von der Königstraße nicht auf frischer Tat erwischt? Zwar gibt es LiveAufnahmen von allen 69 Bahnhöfen in Hamburg, die knapp 30 Tage nach der Aufnahme gespeichert werden. Aber die werden nicht rund um die Uhr von einem Beamten ausgewertet. „Das ist personell nicht machbar“, so Carstens. Es gebe aber immer wieder Stichproben.
Eine Zahl, die das Ausmaß der illegalen Schmierereien deutlich macht: 8,7 Millionen Euro. So hoch war der bundesweite Schaden, der 2016 durch Graffitis verursacht wurde.
„Das hat nichts mit Kunst zu tun. Das ist nur große Schmiererei.“Bahnsprecherin