Hamburger Morgenpost

Sprayer-Attacke auf die S-Bahn

Bahnsprech­erin: „In dieser Größe gab es das noch nie in unserer Stadt.“

- DANIEL GÖZÜBÜYÜK daniel.goe@mopo.de

Sie kamen mitten in der Nacht – und sprühten das wohl größte illegale Graffiti, mit dem je ein Hamburger Bahnhof verunstalt­et wurde. Riesige Buchstaben und Zahlen prangen nun auf den Wänden der S-BahnHaltes­telle Königstraß­e (Altona-Altstadt).

Im Schutze der Dunkelheit dringt eine Gruppe um kurz vor 2 Uhr in den Bahnhof Königstraß­e ein. Zu dieser Zeit fahren keine Bahnen mehr, der nächste Zug wird erst nach 4 Uhr morgens wieder die Haltestell­e durchfahre­n. Die Sprayer haben also Zeit.

Sie sprühen an die braun-gefliesten Wände und die grauen Betonsäule­n ihre „Tags“, so nennen sich in der Szene die SprayerPse­udonyme. Es ist laut einer Bahnsprech­erin das größte Graffiti, was jemals auf einen Schlag in einem Hamburger Bahnhof gemacht worden ist: „In dieser Größe gab es das noch nie zuvor in unserer Stadt.“

Was die Täter aber nicht wissen: Sie werden bei ihrer Tat in der Nacht zum 16. November beobachtet. Ein Zeuge sieht die Gruppe, alarmiert die Polizei. Doch als die eintrifft, sind die Sprayer schon über alle Berge.

Aber am Tatort finden die Beamten mehrere Hinweise auf die Täter. Auch eine benutzte Sprühdose wird sichergest­ellt, die jetzt im Labor untersucht wird. Außerdem wird Videomater­ial aus Überwachun­gskameras ausgewerte­t, das die Täter beim Sprayen zeigt.

„Das hat rein nichts mit Kunst zu tun. Das ist nur eine große Schmierere­i“, so die Bahnsprech­erin auf MOPO-Anfrage. Noch in diesem Jahr soll die „Schmierere­i“übergestri­chen werden. Was allerdings nicht ganz einfach wird. Denn alle fünf Minuten fahren dort die Bahnen. Zu Hauptverke­hrszeiten sogar alle drei Minuten. Daher werden die Arbeiten nachts stattfinde­n müssen. Und die Kosten? „Das wird derzeit ermittelt.“

Rechtlich gesehen handelt es sich bei solchen Graffitis um Sachbeschä­digung. Den Sprayern droht bei Festnahme bis zu zwei Jahren Knast. Und zivilrecht­lich müssen die Täter im Fall einer Verurteilu­ng für den Schaden aufkommen.

Im Jahr 2016 wurden 27000 Graffiti-Taten an deutschen Bahnhöfen registrier­t. Gegenüber dem Vorjahr ein leichter Anstieg. Die Tendenz für 2017: weiter steigend. Die Deutsche Bahn erklärt sich die erhöhten Zahlen durch eine verstärkte Präsenz der Sicherheit­skräfte und konsequent­ere Anzeigen bei der Polizei. 250 Sprayer wurden sogar auf frischer Tat geschnappt.

Die Hamburger Bundespoli­zei vermeldet dagegen rückläufig­e Zahlen: Wurden 2015 noch 776 Anzeigen gestellt, so waren es 2016 noch 715. „Das ist ein Rückgang von 7,9 Prozent“sagt Rüdiger Carstens, Pressespre­cher der Bundespoli­zei. Eine Tendenz gibt es für 2017 noch nicht.

Warum hat man die Sprayer von der Königstraß­e nicht auf frischer Tat erwischt? Zwar gibt es LiveAufnah­men von allen 69 Bahnhöfen in Hamburg, die knapp 30 Tage nach der Aufnahme gespeicher­t werden. Aber die werden nicht rund um die Uhr von einem Beamten ausgewerte­t. „Das ist personell nicht machbar“, so Carstens. Es gebe aber immer wieder Stichprobe­n.

Eine Zahl, die das Ausmaß der illegalen Schmierere­ien deutlich macht: 8,7 Millionen Euro. So hoch war der bundesweit­e Schaden, der 2016 durch Graffitis verursacht wurde.

„Das hat nichts mit Kunst zu tun. Das ist nur große Schmierere­i.“Bahnsprech­erin

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Über große Teile der braun-gefliesten Bahnhofswa­nd an der Königsstra­ße (Altona) sprühten die Täter Buchstaben und Bilder.
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An beiden Seiten der Haltestell­e spühten sie ihre „Tags“– also ihre SprayerPse­udonyme.
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