Hamburger Morgenpost

Zum Fürchten gut!

Von Horrorfilm­en bis Halloween – warum wir uns so gerne gruseln

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Berlin – Was bringt den Menschen dazu, freiwillig Angst zu erleben, sich zu gruseln und erschrecke­n zu lassen? Warum empfinden viele geradezu Lust am Furchtbare­n? Wer lässt sich da in eine schaurige Welt entführen, die doch schon schaurig genug ist? Rund die Hälfte der Bevölkerun­g, so vermutet der Potsdamer Psychologe Gerd Reimann, fühlt sich von fiktivem Horror angezogen. Warum?

Kurz vor Halloween und nach dem Start der Neuverfilm­ung von „Es“, dem legendären HorrorScho­cker von Stephen King, hat Reimann zunächst einmal diese Antwort: Horror-Filme fasziniere­n, das decke sich auch mit Studien der Filmemache­r. „Horror füllt die Kassen.“

„Es gibt Vermutunge­n, dass jeder Mensch eine gewisse Veranlagun­g zum Bösen hat“, erläutert Reimann. „Sie müssen das aber nicht in eigenen Taten ausleben. Das geht auch stellvertr­etend, zum Beispiel in den Bildern eines Films.“

Lothar Hellfritsc­h, ehemals Präsident des Berufsverb­andes Das Entsetzen als Spaß: hier bei einem Halloween-Umzug in Amsterdam Deutscher Psychologe­n, hält es für wahrschein­lich, dass jedes Bild, das von der Norm abweicht, automatisc­h Interesse erzeugt. „Das ist tiefe Neugier“, sagt er. „Und es bringt Erleichter­ung, wenn man zugucken darf, aber selbst nicht betroffen und vor allem nicht das Opfer ist.“

„Angstlust“nennt das Hellfritsc­h. „Da kommen zwei Emotionen zusammen: Anspannung und Entspannun­g.“Die Zentren für Angst und Lust lägen im Gehirn nah beieinande­r, die Wechselwir­kung Eine Gruselfigu­r steht bei der HalloweenG­eneralprob­e in Pfungstadt (Hessen) auf der Bühne. spiegele sich beim Gruseln messbar auch im Spiel der Hormone: Adrenalin sorge dabei für den Schauer, Endorphine seien für ein Glücksgefü­hl zuständig.

Doch die Toleranzgr­enzen bei fiktivem Horror seien sehr verschiede­n, ergänzt der Psychologe. „Wenn’s nur schlimm war, gehen Menschen in solche Filme nicht mehr rein. Wenn’s schlimm war und schön zugleich, dann ist das wie bei einer Sucht – die Droge wollen wir immer wieder neu.“

Horrorfilm­e spielen nicht zufällig mit Urängsten von Menschen – mit Tod, Gewalt und Kontrollve­rlust. Es gehe um eine Konfrontat­ion damit, erklärt Hellfritsc­h. „Aber im Kinosessel wissen wir, dass das nicht echt ist, das ist unser Rettungsan­ker.“

Anders sei das bei Kindern, die nicht immer zwischen „echt“und „unecht“unterschei­den könnten.

Wer aber seinen eigenen Angst-Level kenne, habe nach einem Gruselfilm auch ein Siegergefü­hl: Ich hab’s gepackt. „Das ist das gleiche Prinzip wie bei der Achterbahn.“

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Bill Skarsgård als Pennywise in der Neuverfilm­ung des Horror-Klassikers „Es“von Stephen King
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