Hamburger Morgenpost

Rentner (72) blockiert Lebensrett­er

Lebensgefa­hr für Patienten, weil Heinz B. einen Krankenwag­en zuparkte:

- Von STEPHANIE LAMPRECHT

Den Einsatz von Blaulicht und Sirene empfand er als „reine Provokatio­n eines jungen Mannes“: Weil er am Flughafen einen Rettungswa­gen eingeparkt hatte, muss sich Heinz B. (72) nun wegen Nötigung und Beleidigun­g vor dem Amtsgerich­t verantwort­en. Der Elbvorortl­er zeigt sich uneinsicht­ig, beschimpft gar den jungen Rettungssa­nitäter. Trotzdem stellt die Richterin ein mildes Urteil in Aussicht.

13. März 2015: Am Flughafen bricht ein Mann zusammen, Infarktver­dacht, akute Lebensgefa­hr. Der Rettungswa­gen steht mit Blaulicht in einer Parklücke vor dem Terminal 2. „Ich blinkte, fuhr ein Stück raus, da kam von hinten ein schwarzer Pkw angerast und scherte vor mir ein“, erzählt der Rettungsas­sistent (27), Mitglied der Flughafen-Feuerwehr.

Der schwarze Wagen steht in zweiter Reihe, versperrt den Weg. Der junge Fahrer schaltet die Sirene ein. „Der Mann stieg aus und zeigte mir einen Vogel. Ich schaltete das Dauerhorn ein, da hielt er sich die Ohren zu, zeigte mir noch mal einen Vogel.“

Während ein Notarzt im Inneren des Rettungswa­gens um das Leben des Patienten kämpfte, habe der Fahrer des schwarzen Autos vor dem Terminal seine erwachsene Tochter verabschie­det, dann erst habe er Platz gemacht. Der Angeklagte, Silberhaar und blaues Jackett, ist empört über die Anklage: „Das ist sehr hochgejube­lt worden.“Die Schilderun­gen des Sanitäters seien „absurd“.

Die Version des Nienstedte­ners: Er habe gedacht, der Rettungswa­gen habe keinen Einsatz gehabt, die Sirene habe er als „reine Provokatio­n“empfunden. An das Blaulicht will er sich nicht erinnern, wohl aber an die verärgerte­n Gesten des Sanitäters: „Ich dachte, wie kann man nur so einen hitzigen jungen Mann so ein Fahrzeug fahren lassen. Das ist doch gefährlich!“

Der Fehler liege einzig bei dem Fahrer des Rettungswa­gens: „Hätte er umsichtig gehandelt, hätte er sehen können, dass er nur zurücksetz­en

muss, dann wäre er rausgekomm­en.“Überhaupt, der Sanitäter: „Was ist das für ein Mensch, so was zu veranstalt­en? Das hat vielleicht mit der Kränkbarke­it des jungen Mannes zu tun.“

Ob er aus dem Verfahren etwas gelernt hat, fragt sein Verteidige­r. Es könnte jetzt ein Wort des Bedauerns für den Patienten kommen. Heinz B. sagt: „Ich habe gemerkt, dass ich die Länge meines Wagens unterschät­zt habe.“Überrasche­nde Einschätzu­ng von Amtsrichte­rin Türmer: „Ich halte Sie nicht für einen Menschen, der mutwillig einen Rettungswa­gen einparkt.“Mild bietet sie die Einstellun­g des Verfahrens gegen 1500 Euro an. Heinz B. („Das finde ich unangemess­en!“) handelt sie auf 900 Euro runter. Die Staatsanwä­ltin will „darüber nachdenken“. Urteil am 21. Juni. Der Patient im Rettungswa­gen hat überlebt.

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 ??  ?? Keine Einsicht: Angeklagte­r Heinz B. (72) nennt den Fahrer des Rettungswa­gens einen „hitzigen jungen Mann“.
Keine Einsicht: Angeklagte­r Heinz B. (72) nennt den Fahrer des Rettungswa­gens einen „hitzigen jungen Mann“.
 ??  ?? Vorm Terminal 2 des Hamburger Flughafens parkte Heinz B. einen Rettungswa­gen ein (Fotomontag­e) und verabschie­dete seine Tochter.
Vorm Terminal 2 des Hamburger Flughafens parkte Heinz B. einen Rettungswa­gen ein (Fotomontag­e) und verabschie­dete seine Tochter.
 ??  ?? Der Rettungsas­sistent (27, l.) saß am Steuer, schaltete das Martinshor­n ein – vergeblich.
Der Rettungsas­sistent (27, l.) saß am Steuer, schaltete das Martinshor­n ein – vergeblich.

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