Das Urheberrecht für das Hetzwerk endet. Theoretisch kann es jetzt jeder drucken
Berlin – Es ist von Mythen umrankt, vorgeblich das Beet der bösen Saat, Gift für die politische Seele – das Hitler-Buch „Mein Kampf “. Am 31. Dezember laufen die Urheberrechte aus – jeder kann es nachdrucken, was bislang verboten war. Eine kommentierte Ausgabe vom Institut für Zeitgeschichte wird erscheinen, in dem die Lügen aus „Mein Kampf“schonungslos seziert werden. Aber wird es auch unkommentierte Nachdrucke geben? Findet sich „Mein Kampf“bald in vielen deutschen Bücherregalen wieder? Wird das Buch die Gesellschaft ändern?
Bis Ende des Jahres liegen die Urheberrechte an „Mein Kampf“beim Freistaat Bayern, der seit dem Krieg jede Neuausgabe in Deutschland verhindert hat. Doch das Urheberrecht endet 70 Jahre nach dem Tod des jeweiligen Urhebers. In diesem Falle Hitler. Er hatte mit dem Schreiben des Buches 1924 während seiner Haft wegen eines Putschversuches begonnen. Es ist antisemitisch, antibolschewistisch, antiparlamentarisch, antikapitalistisch, antihuman – und furchtbar schlecht geschrieben.
„Mein Kampf“war nie aus deutschen Wohnzimmern verschwunden, trotz des Nachdruck-Verbotes. Jeder durfte und darf es besitzen, darin lesen, sogar damit handeln – solange es sich um ein antiquarisches Exemplar handelt. Auch der Verleih in Bibliotheken ist legal. Da bis 1944 etwa 12,5 Millionen Exemplare ausgeliefert worden waren, lässt sich leicht einschätzen, wie viele es noch geben muss.
Zudem lassen sich im Internet etwa auf Amazon Neudrucke der Hetzschrift schon lange problemlos beziehen, jedoch nicht in Deutschland. Firmensitz von Amazon ist die USA. Der nationalsozialistische Eher-Verlag hatte die Urheberrechte bereits in den 30er Jahren an dortige Verlage verkauft.
Wenn jetzt aber „Mein Kampf“in Deutschland nachgedruckt und verkauft wird, werden wohl Prozesse wegen Volksverhetzung folgen. In dem Buch werde zum Hass gegen Juden aufgestachelt, heißt es in einer Erklärung des bayerischen Justizministeriums. Das Strafrecht biete Möglichkeiten, „gegen den – insbesondere unveränderten – Nachdruck und das Zugänglichmachen des Buches vorzugehen“.
Anders ist es da bei der kommentierten Ausgabe vom Institut für Zeitgeschichte. Das Kern-Team für die Ausgabe bestand aus bis zu sechs Historikern. Weitere Fachleute wurden hinzugezogen. Drei Jahre arbeiteten sie daran. Diese Edition wird auf keiner Seite reinen Hitler-Text bieten, sondern kritische Anmerkungen und Korrekturen. Der eigentliche Hitler-Text macht nur ein Drittel des Buches aus. Wichtiger sind die 3700 inhaltlichen Anmerkungen. Sie sezieren die vielen Lügen, Halbwahrheiten und Auslassungen. Sie entziehen dem Gift die Wirkung. Der Mythos des angeblich verbotenen Buches wird zerstört. Das war längst überfällig.
3700 Anmerkungen in der neuen Ausgabe