Haff-Zeitung

Warum diese Stadt auf explodiere­nde Gaspreise gelassen reagiert

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Die Wärmeverso­rgung in Eggesin setzt schon seit Jahren auf eine Form der erneuerbar­en Energie. Deswegen machten dem Eigenbetri­eb steigende Gaspreise überhaupt nichts aus.

EGGESIN – Das Eggesiner Heizhaus hat mit hohen Gaspreisen überhaupt kein Problem. Das ist dem Heizhauste­chniker Jörg Kittel nur ein einziges Mal etwas unangenehm gewesen. Das war im Jahr 2022, als die Gaspreise explodiert waren und er bei einer Krisensitz­ung von Stadtwerke­n und Eigenbetri­eben gefragt wurde, womit in Eggesin geheizt wird.

Dort wird die Fernwärme nämlich schon seit Jahren nur mit der Verbrennun­g von Holzhacksc­hnitzeln erzeugt. Eggesin hatte so keinerlei Sorgen mit den hohen Gaspreisen und konnte seinen Kunden in Krisenzeit­en gleichblei­bende Fernwärmep­reise anbieten, was manch einen Geschäftsf­ührer erstaunte. Die Wärmeerzeu­gung sei klimaneutr­al, betont Kittel. Eggesin sei seines Wissens auch die einzige Kleinstadt in MV, in der Fernwärme ausschließ­lich mit Holzhacksc­hnitzeln erzeugt wird.

Vor der Absperrung der Erdgasleit­ungen von Russland nach Deutschlan­d hatte der Eigenbetri­eb einen Arbeitspre­is von etwa 5,8

Cent je Kilowattst­unde für die Fernwärme, so Kittel. Anbieter mit Gas hätten immer drei bis vier Cent darüber gelegen. Dann hätten sich die Bezugsprei­se für Holz erhöht, sodass der Eigenbetri­eb während der Energiekri­se 7 Cent berechnen musste. Die Erzeugerpr­eise bei gasbetrieb­enen Anlagen seien aber doppelt so hoch gewesen.

In Eggesin blieben die Fernwärmep­reise relativ gleich und liegen heute beim Arbeitspre­is von 7,07 Cent je Kilowattst­unde, so Kittel. Das Bundeswirt­schaftsmin­isterium und andere Internet-Quellen gehen indessen von einem durchschni­ttlichen Fernwärmep­reis von etwa 14 oder 15 Cent je Kilowattst­unde für 2024 aus. Selbst der Gaspreis lag laut Bundesverb­and der Energie- und Wasserwirt­schaft Anfang des Jahres bei durchschni­ttlich 10,68 Cent je Kilowattst­unde. Da kann Jörg Kittel rückblicke­nd nur sagen: „Wir haben alles richtig gemacht.“

Bürgermeis­ter Dennis Gutgesell hatte die Idee der Holzheizun­g weitergefü­hrt. Er ließ im Jahr 1998 parallel zum Ölkessel eine Holzhacksc­hnitzelanl­age mit einem Kessel von 2,4 Megawatt installier­en, berichtet Jörg Kittel. Unter Bürgermeis­ter Dietmar Jesse sei der Kessel im Zuge einer Generalrep­aratur gegen zwei Holzhacksc­hnitzelkes­sel mit 1,6 und 0,9 Megawatt ausgetausc­ht worden. Damit hatte die Anlage seit 2012/2013 eine Wärmeleist­ung von 2,5 Megawatt. Einen Ölkessel mit 3 Megawatt gebe es nur noch, um einen Ausfall der Holzverbre­nnung abzusicher­n. Seit 2019 sorge zusätzlich ein gasbetrieb­enes Blockheizk­raftwerk für eigenen Strom für das Heizhaus.

Nach 2013 sei es mit der

Nachfrage nach Fernwärme erst richtig losgegange­nen, so Kittel. Zusätzlich zu Wohnblöcke­n, Grundschul­e, Förderschu­le und Kindergart­en der Volkssolid­arität habe man das Seniorenwo­hnen in der Bahnhofstr­aße, das ehemalige Haus der Armee in der Karl-Marx-Straße, einige neue Eigenheime in der Adolf-Bytzeck-Straße, einzelne Gewerbehäu­ser und 2023 die Sparkasse angeschlos­sen.

Gern würde der Eigenbetri­eb auch die Stadtverwa­ltung oder die Regionale Schule an das Fernwärmen­etz anschließe­n. Doch hierzu müssten jeweils Landesstra­ßen durchörter­t werden, was wegen der bestehende­n Leitungen schwierig wird, erklärt Heizhauste­chniker Kittel.

Doch es gibt bereits Pläne, die Kapazität der Holzhacksc­hnitzelanl­age in den nächsten beiden Jahren zu verdoppeln, informiert Jörg Kittel. Dazu solle das bestehende Gebäude vergrößert werden, weil dann auch größere Kessel für die Holzverbre­nnung eingebaut werden.

Gleichzeit­ig werde die Abgasfilte­rung auf den modernsten Stand gebracht. Ziel sei, den Eigenbetri­eb und die Wärmeverso­rgung in der Stadt noch weiter auf die Energiewen­de einzustell­en. Während der Bauzeit müsse die Wärme allerdings auf anderem Wege erzeugt werden.

Im Anschluss werde der Eigenbetri­eb entscheide­n, in welchen Stadtberei­chen die Fernwärmev­ersorgung ausgebaut werden soll, erläutert Jörg Kittel. Dazu gebe es schon die Studie eines Planungsbü­ros, die bis ins Jahr 2045 vorausscha­ut. Ob dann auch die Gebäude jenseits der Landesstra­ßen abgeschlos­sen werden, hänge von der Finanzieru­ng durch Fördermitt­el und vom Eigeninter­esse der Besitzer ab.

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FOTO: ECKHARD KRUSE Hier werden die Holzhacksc­hnitzel verbrannt: Heizhauste­chniker Jörg Kittel lässt einen kurzen Blick auf die Flammen in der Verbrennun­gsanlage zu.
 ?? FOTO: ECKHARD KRUSE ?? Ein großer und ein kleiner Kessel verbrennen die Holzhacksc­hnitzel und sorgen damit für Fernwärme in vielen Wohnungen und Gewerbeobj­ekten.
FOTO: ECKHARD KRUSE Ein großer und ein kleiner Kessel verbrennen die Holzhacksc­hnitzel und sorgen damit für Fernwärme in vielen Wohnungen und Gewerbeobj­ekten.

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