Ein Krieg, der 1870/71 auch Krumbach prägte
Was sich in Krumbach infolge der Auseinandersetzung zwischen Frankreich und Deutschland verändert hat
Krumbach Es waren unruhevolle Zeiten. Damals, im Deutsch-Französischen Krieg, den die Chronik in den Zeitraum vom 19. Juli 1870 bis 10. Mai 1871 datiert – und in der heimischen Region (und umgangssprachlich) als „der Siebziger Krieg“bekannt. Heuer jährte sich dieses prägende Datum zum 150. Male. Ehedem standen sich beim „Siebziger Krieg“gegenüber: Frankreich einerseits und der Norddeutsche Bund unter der Führung Preußens sowie die mit ihm verbündeten süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg, Baden und HessenDarmstadt. Seine wichtigsten Ergebnisse waren letztlich die deutsche Reichsgründung – und das Ende des Zweiten französischen Kaiserreichs. Auch für Krumbach war dieser Krieg einschneidend.
In seiner Zusammenstellung der „Beiträge zur Geschichte der Stadt Krumbach“widmet Heimatforscher Heinrich Sinz (1940) dem „Siegreichen Krieg 1870/71“einen ausführlichen Rückblick in die damalige lokale Szene. So beschreibt Sinz die Feierlichkeiten beim „Auszug ins Feld“: Am 19. Juli 1870 wurden die scheidenden Krieger mit klingendem Spiel zu ihrem Einsteigeplatz an der Günzburger Straße geführt; wenige Tage darauf wurde die nach Krumbach einberufene Landwehrkompanie unter Führung des Oberleutnants Gustl Emming nach einer Ansprache des Buchdruckereibesitzers Josef Ziegler zum alten Kreuzkeller an der Ulmer Straße geleitet und dort nach Frankreich verabschiedet.
In der Heimat wurde für die zurückgelassenen Familien und ebenso zur Aufmunterung der verwundeten Krieger im Krumbad eine „auch von Auswärtigen gut besuchte Gesangund Musikproduktion“dargeboten, vornehmlich gestaltet durch den Liederkranz und die Musikgesellschaft Krumbach. Sinz berichtet über den Verlauf der Veranstaltung, dass „Bezirksamtmann Krieger auf König Ludwig II., Magistratsrat Eduard Steichele auf das tapfere Heer, Buckdrucker Ziegler auf den Kronprinzen von Preußen und Bürgermeister Rösle auf das geeinte deutsche Vaterland toastierten“. Angeregt durch einen Aufruf des Königlichen Kriegsministeriums schlossen sich auch im Amtsbezirk Krumbach Gruppen den „Vereinen zur Pflege und Unterstützung im Felde verwundeter und erkrankter Soldaten“an. Der Ausschuss dieses lokalen Männer-Hilfsvereins mit Bezirksamtmann Krieger als Vorstand, Notar Höglmayer als Kassier, Notar Braun als Schriftführer und den beiden Bürgermeistern Benjamin Miller (Krumbach) und Anton Rösle (Hürben) appellierten in einem groß angelegten öffentlichen Aufruf „an den Wohltätigkeitssinn und die Opferwilligkeit aller Mitbürger“, die Ziele des Vereins zu unterstützen. Die enorme Resonanz der Aktion belegt eine Zusammenstellung der Leistungen, datiert auf Ende Januar 1871. Darin wird unter anderem festgehalten, dass die Spendengelder zur „monatlichen Unterstützung an 38 Familien und an 49 kranke und verwundete Soldaten gingen“. Gekauft wurden davon ferner „294 Paar wollene Unterhosen, 96 Paar wollene Socken, 42 Stück wollene Hemden …“.
Indes kommt es im östlichen Frankreich im elsässischen Weißenburg am 4. August 1870 zur ersten Begegnung der Heere. Weitere Kriegshandlungen folgen bei Wörth, um Vionville, Gravelotte. Große und entscheidende Schlachten liefern sich die Heere bei Metz und Sedan. Die in die Heimat gemeldeten militärischen Erfolge an der Front wurden auch in Krumbach mit Böllerschüssen jeweils lautstark verkündet. Und 12-UhrGlockengeläut, begleitet von Böllerschüssen,
verkündete am 27. Februar 1871 das Ende des Krieges und den Friedensschluss. In Absprache feierten Krumbach und Hürben am 22. März 1871 „ein bisher nie da gewesenes Friedensfest“. In der Chronik der Stadt wird der Ablauf nachgezeichnet: „Morgens um 10 Uhr zog die Schuljugend mit ihren Lehrern – jene von Krumbach nach abgehaltener Festmesse, die christliche und israelitische von Hürben mit vollzähliger Gemeindeverwaltung – beide aber begleitet von einem Musikkorps, zum vorausbestimmten Platze und pflanzte je eine Friedenslinde. Mittags hatte dann der Männer-Hilfsverein die 130 zurückgekehrten Krieger und Verwundeten in die Wirtschaft zum „Grünen Baum“zu einem Festessen geladen – während eine volle Stunde lang von allen Kirchtürmen die Glocken läuteten. Die Feststunde am Nachmittag auf dem Marktplatz gestalteten der Liederkranz und die Musikkapelle; die Schuljugend erhielt „Gedenkmünzen“als Erinnerungsgabe. Und am Abend zog ein Festzug durch die dekorierten und illuminierten Straßen, ehe Bezirksamtmann Krieger in einer Festrede vom Fenster des Rathauses aus auch der Gefallenen gedachte.
Es waren im Sommer 1870 von Krumbach aus 40 Soldaten ausgezogen, zwei davon kamen zu Tode: Franz Mößmer aus Krumbach und Georg Schmid aus Hürben. In den Geschichtsbüchern ist angegeben, dass in dem Krieg über 180 000 Soldaten ums Leben kamen, mehr als 230 000 wurden verwundet. Die Geschehnisse des „Siebziger Krieges“nährten vor Ort recht bald den Gedanken, einen Veteranenverein zu installieren. Als Initiator des am 3. September 1871 gegründeten Veteranenvereins machte sich der geachtete Schreinermeister Anton Nagenrauft einen Namen. Nagenrauft, selbst Kriegsteilnehmer (und später ab 1897 dann Hürbens letzter Bürgermeister vor der Angliederung Hürbens an die Stadt Krumbach, wurde als erster Vorstand gewählt. Ab 1890 erweiterte der Verein seinen Namen auf „Veteranen- und Kriegerverein“. Zur Errichtung eines Kriegerdenkmals bildete sich 1895 ein Comité, dem Posthalter Max Einsle als Kassier und Notariatsbuchhalter Adam Zapf als Schriftführer angehörten. Schon am 9. August konnte die feierliche Enthüllung des aus freiwilligen Beiträgen der Bürgerschaft auf dem ehemaligen Pfarrgarten neben der alten Schule und gegenüber dem Pfarrhof errichteten Krieger-Denkmals stattfinden. Nachsatz zur Geschichte: 1957 wurde das ehedem so feierlich enthüllte Denkmal mit der Darstellung des auf einen Sockel gehobenen bayerischen Soldaten abgebrochen. Zeitgleich ist am westlichen Krumbacher Friedhof (neben den Namenstafeln der Kriegstoten von 1805 bis 1945) aus grauem Grüntenstein eine Gedächtniskapelle erstellt worden, in der als einziger Schmuck das in Stein geformte Antlitz eines jungen Menschen zur Besinnung mahnt.