Hilft der Mundschutz Dieben?
Straftäter vermummen sich gern. Jetzt muss jeder von uns Maske tragen. Ein Ermittler erklärt, ob die Polizeiarbeit dadurch schwieriger wird
München/Wiesbaden Strumpfhose, Clown-Maske, Motorradhelm: Kriminelle haben sich schon alles Mögliche über den Kopf gezogen, um nicht erkannt zu werden. Nun, da ein Mund-Nasen-Schutz zum Alltag gehört, stellt sich die Frage: Spielt die Maskenpflicht zum Eindämmen des Coronavirus Straftätern in die Hände – vereitelt sie sogar die Verbrechensaufklärung?
Selbst wenn Ladendiebe, Taschenräuber und Schläger von einer der bundesweit zahlreich installierten Überwachungskameras gefilmt werden oder Passanten eine Tat mit Handys fotografieren – gut möglich derzeit, dass ein Stück Stoff das halbe Gesicht verdeckt. Corona-Alltagsmasken erschwerten zwar die Gesichtserkennung von Tätern oder Verdächtigen, sagt Bernhard Egger, Abteilungsleiter beim bayerischen Landeskriminalamt (LKA). Das bedeute aber nicht, dass diese eine Identifizierung automatisch verhinderten. Bei der Gesichtserkennung komme es immer insgesamt auf die Qualität des vorhandenen Bildmaterials an, erläutert Egger. Auf die
Entfernung der Kamera zur abgelichteten Person zum Beispiel oder auf die Pixelzahl. Und: Wichtig sei vor allem die Augenpartie. „Natürlich: Je besser das Bild, umso wahrscheinlicher die Identifizierung“, sagt der Experte des LKA in München, wo die Ermittler viel mit speziellen Gesichtserkennungsprogrammen arbeiten und sich dabei in einer Vorreiterrolle sehen. Die Computersoftware sei in den vergangenen Jahren immer besser geworden. Und man habe auch Bilder mit Masken, bei denen die Täter schon identifiziert worden seien.
Bilder haben eine wachsende Bedeutung bei der Ermittlung von Tatverdächtigen. Eine deutschlandweite Polizei-Datenbank ist mittlerweile mit mehr als 5,8 Millionen Aufnahmen von etwa 3,6 Millionen erfassten Straftätern oder Beschuldigten gefüllt. Zehntausende Recherchen werden nach Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA) in Wiesbaden pro Jahr mit einem Gesichtserkennungssystem durchgeführt. 2019 seien damit mehr als 2100 Personen identifiziert worden.
Liegt ein Bild eines mutmaßlichen Täters vor, wird dieses mit den Millionen gespeicherter Bilder in der Datenbank abgeglichen. Die Arbeit übernimmt ein Algorithmus. „Es wird ein Muster berechnet und die Software liefert Vorschläge“, erklärt Egger. Ermittler überprüfen dann die Fotos infrage kommender Personen dahingehend, ob wirklich ein Treffer dabei ist.
Zwar erschwere das Tragen von Schutzmasken das Wiedererkennen von Tatverdächtigen, „allerdings lassen Aufnahmen von Überwachungskameras grundsätzlich auch andere Merkmale zur Identifizierung zu“, heißt es beim hessischen LKA. Beispielsweise Größe, Statur, Kleidung, Schuhe, die Fluchtrichtung sowie mögliche Mittäter. „Grundsätzlich ist zu sagen, dass Videoüberwachungssysteme ein wirksames Mittel – auch zu Zeiten der Corona-Pandemie – zur Aufklärung von Straftaten sind.“Dass Kriminelle die Maskenpflicht nutzen, um gezielt und mehr Diebstähle als sonst zu begehen, können die Ermittler nicht bestätigen.