Iran: Dreimal so viele Corona-Tote?
Vorwurf: Regierung unterdrückt Zahlen
Teheran Das Coronavirus wütet im Iran offenbar viel schlimmer als offiziell zugegeben. Der britischen BBC zufolge zeigen Regierungsunterlagen, dass bis Ende Juli rund 42000 Menschen an Covid-19 starben – fast dreimal so viele wie in amtlichen Statistiken angegeben. Auch Amnesty International und die iranische Exil-Opposition schlagen Alarm. Die Enthüllungen untermauern den Vorwurf, dass die Behörden die Öffentlichkeit in dem am schwersten betroffenen Land im Nahen Osten in die Irre führen.
Zwar sprechen auch die Behörden von einer besorgniserregenden Lage. Vor allem in der heiligen Stadt Qom werde ein erneuter Anstieg der Infektionszahlen verzeichnet, sagte eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums. Massenhafte Verstöße gegen die Hygieneregeln seien daran schuld. Doch Qom ist kein Einzelfall. In 25 der 31 Provinzen gebe es Anlass zur Sorge, fügte Lari hinzu. Rund 318000 Fälle und fast 18000 Todesfälle meldet der Iran, der mit 80 Millionen Bewohnern etwa so groß ist wie Deutschland. Doch die offizielle Bilanz spiegelt laut BBC nicht die Wahrheit: Die Regierung wisse genau, wie katastrophal die Situation sei, vermittle nach außen aber eine eher rosige Lage.
So trat der erste Corona-Fall im Iran laut BBC bereits Ende Januar auf. Als die iranische Regierung im Februar die erste Infektion meldete, waren laut BBC bereits mehr als 50 Menschen an Covid-19 gestorben. Maßnahmen zur Verhinderung von Ansteckungen gab es damals nicht. Bis zum 20. Juli infizierten sich laut BBC mehr als 450000 Menschen – die offizielle Statistik wies bis zu diesem Tag 280000 aus.
Besonders gefährlich ist die Lage nach Angaben von Amnesty International in den Haftanstalten. Die Menschenrechtsorganisation zitierte aus vertraulichen Schreiben der Gefängnisbehörde an das Gesundheitsministerium, in denen ein Mangel an Schutzkleidung, Masken und Desinfektionsmitteln beklagt werde. Das Ministerium ignoriere die Hilferufe, erklärte Amnesty. Die iranische Exil-Oppositionsgruppe NCRI will landesweit mehr als 80 000 Corona-Tote gezählt haben.