Mona Lisa flieht vor Berta
Jetzt, im Mai 1918, wird es den Franzosen endgültig zu gefährlich für ihre größten Schätze. Denn die Deutschen haben in den vergangenen Wochen im Laufe ihrer dritten Westoffensive tatsächlich begonnen, Paris direkt zu beschießen – aus über 100 Kilometern Entfernung! Die Granaten sorgen anfangs für reichlich Verwirrung, weil man in Frankreichs Hauptstadt wenn überhaupt, dann mit Flugzeugangriffen und Bomben aus dröhnendem Himmel gerechnet hat. Davon aber fehlt jede Spur. Was stattdessen für Gefahr sorgt, nennt die Pariser Bevölkerung in Anlehnung an eine Tochter des Kanonenproduzenten „Dicke Berta“.
Es war ein Geschütz der Firma Krupp, Kaliber 21, mit einer Reichweite von 130 Kilometern, Mündungsgeschwindigkeit 1645 Meter pro Sekunde. Die damit geschossenen Granaten hatten eine Masse von 106 Kilogramm, davon sieben die Sprengladung, sie schlugen hauptsächlich im Norden und im Süden der Stadt ein. Das „Paris-Geschütz“samt „Kaiser-Wilhelm-Rohr“, ein technisches Riesenwerk, das aber zusehends auch als Bedrohung der künstlerischen Meisterwerke wirkte. Fünf Granaten schlugen in diesem Mai nahe des ehrwürdigen, einst Königsschloss gewesenes, seit über hundert Jahren aber Weltkunst ausstellenden Louvre ein, wo etwa da Vincis „Mona Lisa“oder auch die Venus von Milo gezeigt werden. So wie (Bild oben) darum auch bereits in Reims Werke wie das große Reiterstandbild der „Jeanne d’Arc“sichergestellt und abtransportiert worden waren, so beginnt man nun im Museum rechts der Seine mit Schutzmaßnahmen und dem Verstecken der wertvollsten Werke. Und bald darauf beginnen auch bereits viele Einwohner aus der Hauptstadt zu fliehen, weil die Deutschen rasche Durchbrüche an der Front feiern. Doch auch diese Offensive verliert bald wieder an Schwung. Die Geländegewinne sind zwar groß – doch das bringt nichts, da die Artillerie den Anschluss an die Vorstürmenden verliert, so wuchtig und schwer, wie sie eben ist.