Was sie am Thema Steuer fasziniert
Silke Gierl macht eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten. Die 29-Jährige berichtet, was ihr dabei am meisten Freude bereitet
Dinkelscherben Bei dem Wort Steuererklärung brechen wohl wenige in Jubel aus. Wo gehört gleich wieder die Kilometeranzahl rein und was muss ich eigentlich alles angeben? Jedes Jahr verzweifeln Steuerzahler an den Zetteln, um sie dann mit gefährlichem Halbwissen auszufüllen.
Silke Gierl hilft diesen Menschen. Die 29-Jährige macht derzeit eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten bei der Steuerberatungsgesellschaft HB Marxer in Dinkelscherben. Vereinfacht gesagt, kümmert sie sich darum, dass die Dokumente ihrer Mandanten korrekt beim Finanzamt ankommen.
„Zu sehen, wie sich die Menschen freuen, wenn man ihnen hilft, ist toll“, begründet die Auszubildende ihre Begeisterung für den Beruf. „Ich habe jeden Tag mit anderen Menschen zu tun, jeder Fall ist verschieden. Der Beruf ist sehr abwechslungsreich.“Die geborene Niederbayerin hat bereits auf der Real- und Fachoberschule den Wirtschaftszweig gewählt und damit wertvolle Vorkenntnisse für ihre Lehre mitgenommen.
Drei Jahre dauert diese im Nor- malfall. Haben die Lehrlinge gute Noten oder gar Abitur, können sie die Ausbildungsdauer auf zweieinhalb beziehungsweise zwei Jahre verkürzen. Die Berufsschule in Haunstetten ist in die Arbeitswoche integriert: Im ersten Lehrjahr ist Gierl zwei Tage die Woche in der Schule, im zweiten Jahr noch einen.
„Ich hatte schon immer vor, ins Büro zu gehen“, sagt die Auszubildende. In Dinkelscherben bedeutet das: helle Räume, moderne Tische und Stühle
– und eben keine meterhohen Aktenstapel. Das liegt zum einen an der Digitalisierung, die auch im Steuerbereich Einzug gehalten hat: „Wir digitalisieren, scannen und archivieren alles. Wenn wir für Mandanten was suchen, werden wir im Computer fündig“, erklärt Gierl.
Zum anderen handelt es sich beim Bild der verstaubten Aktentürme vor allem um Vorurteile, wie Ausbilderin Michaela Steinbacher-Marxer klarstellt: „Dabei haben Azubis bei uns so viele Weiterbildungsmöglichkeiten.“Sie begeistert vor allem, welches Vertrauen die Menschen ihnen entgegenbringen: „Wir wissen oft mehr als deren Partner.“Die Mandanten reichen von Arbeitnehmern bis hin zum Unternehmer.
Dennoch hat die Branche mit Nachwuchsmangel zu kämpfen, erläutert Steinbacher-Marxer, die außerdem im Berufsausbildungsausschuss sitzt: „Es gibt zu wenige Kanzleien, die ausbilden. Gleichzeitig wandern viele nach der Lehre in die Wirtschaft, den Handel oder die Industrie ab.“Denn dort sind die Löhne noch höher. Obwohl die Lehre laut Ausbilderin eine der schwersten ist und ständige Lernbereitschaft erfordert, da sich Gesetze ändern, bereut Gierl ihre Entscheidung nicht. Bei der Agentur für Arbeit hat sie sich vor einigen Monaten nach Lehrstellen in der Region Augsburg umgesehen. Nach einem Probearbeiten hat es mit der Ausbildung geklappt. Bislang sind beide Seiten glücklich: Gierl strahlt, wenn sie über ihre Arbeitsstelle spricht, die Ausbilderin schwärmt von ihrer „Vorzeige-Azubine“.
Wenn Gierl das erste Lehrjahr absolviert hat, erwartet die 29-Jährige eine Zwischenprüfung, am Ende der Ausbildung folgen je eine mündliche und schriftliche Prüfung. Für sich selbst und den Beruf sieht die Auszubildende große Zukunftschancen: „Die Steuerberatung wird nie aussterben, weil sie benötigt wird.“Sollte Gierl nicht von 8 bis 17 Uhr im Büro sitzen, besucht sie ihre Familie in ihrer niederbayerischen Heimat und geht gerne in die Natur – als Ausgleich zum Büroalltag. Ansonsten verbringt sie ihre Freizeit mit Backen und Stricken.
OLehrstellenoffensive Der Weg zum Traumberuf beginnt für viele mit einer Lehre. Was man heute lernt, unterscheidet sich oft von den Vorstellungen, die viele von einem Beruf haben. Die Digitalisie rung fließt zudem in die Lehre ein. In dieser Serie stellen wir zusammen mit der Industrie und Handelskammer Schwaben sowie der Handwerkskammer für Schwaben Berufe, Azubis und ihren Werdegang vor.