Helden oder Verräter?
EU will Hinweisgeber in Firmen schützen
Brüssel Für die Öffentlichkeit sind sie mutige Helden, die auf Missstände im eigenen Unternehmen hinweisen. Intern aber stellt man sie oft als Verräter und Nestbeschmutzer dar: Whistleblower. Die EU-Kommission will Hinweisgeber nun besser vor Repressalien schützen. Auch Deutschland muss nachbessern.
Ob die Affäre um Absprachen zwischen dem luxemburgischen Staat und Großunternehmen oder die Enthüllungen der Panama- und Paradise Papers, die Erkenntnisse wären nicht möglich gewesen, wenn nicht Menschen „das Risiko auf sich nehmen und schwere Verstöße gegen das EU-Recht aufdecken“, betonte Justizkommissarin Vera Jourová. Eine Studie der Agentur Global Business Ethics Survey belegt aber für das Jahr 2016, dass 36 Prozent der Arbeitnehmer, die Verstöße gemeldet hatten, anschließend Vergeltungsmaßnahmen im beruflichen Umfeld ausgesetzt waren.
Dem setzt Brüssel ein neues Schutzsystem entgegen. Alle Betriebe mit mehr als 50 Mitarbeitern oder einem Jahresumsatz von über 50 Millionen Euro müssen ein internes Meldewesen einrichten. Dies gilt auch für Kommunen mit mehr als 10 000 Einwohnern. Sollte innerhalb von drei Monaten nach einer Meldung keine Reaktion erfolgen, darf sich der Whistleblower an die zuständigen Behörden oder die Medien wenden. Bestrafungen oder Repressalien „sind untersagt und sollen geahndet werden“, heißt es im Vorschlag der EU-Behörde. Schutz ist zu gewähren, wenn Hinweisgeber Verstöße gegen das EURecht in allen wichtigen Bereichen aufdecken, zum Beispiel im Umweltschutz oder bei Geldwäsche.
Justizministerin Katharina Barley hat angekündigt, dass Deutschland seine Vorschriften anpassen werde. „Wir brauchen kritische Stimmen, die etwa Korruption oder den Schaden anderer an die Öffentlichkeit bringen“, erklärte die SPD-Politikerin. Jetzt kann Berlin handeln. Dies wird auch nötig sein, denn die EU-Initiative ist auf Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht begrenzt. Deutschland müsste bei der nationalen Umsetzung also die Maßnahmen auf entsprechende Verstöße im eigenen Land ausdehnen.