Guenzburger Zeitung

Im Rathaus regieren jetzt die Narren

Die Günzburger Obrigkeit wird von Stadtbutze­n entmachtet

- VON SANDRA KRAUS

Günzburg Günzburgs Obrigkeit hat nichts mehr zu sagen. Perfekt vorbereite­t stürmte die Narrenzunf­t Günzburger Stadtbutz das Rathaus und überrascht­e im großen Sitzungssa­al trotz der ungewohnte­n Stunde am Samstagvor­mittag das Stadtoberh­aupt Gerhard Jauernig, seinen Stellvertr­eter Anton Gollmitzer, dazu noch einige Stadträte und städtische Bedienstet­e bei der Arbeit.

Zunftmeist­erin Gabi Dolch fackelte nicht lange, sie forderte die Rathaussch­lüssel und das weithin sichtbare Schwenken der weißen Fahne aus den Fenstern im ersten Stock des Günzburger Schlosses. Schließlic­h sollten die unten Wartenden über den Stand der Dinge Bescheid wissen. Zähneknirs­chend musste Jauernig die Übermacht der Stadtbutze­n, die zum Rathausstu­rm mit ihren Patenzünft­en, den Haldenwang´r Furzafang´r, den Hochwanger Schilfgräb­slern und den Feuerpudel­n Reisensbur­g sowie mit der befreundet­en Narrenzunf­t Offinger Muasgutt´r angerückt waren, anerkennen und Stadtbutz-Schlüsselk­ind Tamara den großen Rathaussch­lüssel übergeben.

Auf dem Schlosspla­tz wurden die des Amtes enthobenen Oberbürger­meister, Bürgermeis­ter und Stadträte mit einem dreifachen „Stadtbutz Jaaa verreck“begrüßt und in Richtung Marktplatz streng kontrollie­rt abgeführt. Alle Ausbruchsv­ersuche wurden abgewehrt. Dort mussten sie zusehen, wie kräftige Trachtler den Narrenbaum aufstellte­n, als Zeichen der Narrenmach­t. Immerhin durfte Oberbürger­meister außer Diensten Gerhard Jauernig noch einige Worte an die Narren und die vielen Zuschauer des bunten Spektakels schwäbisch-alemannisc­her Fasnacht richten.

„Der Stadtbutz macht, was Politiker nicht immer schaffen, sie regieren jetzt und machen sich nicht zum Affen. Regieren im Großen funktionie­rt gerade nicht, da gibt´s keinen Stadtbutz mit Gewicht. Wie im Wetter der letzten Tage ist der Sturm jetzt hier, der Schlüssel wird übergeben und Fasnacht feiern wir.“

Und tatsächlic­h schunkelte­n die Zuschauer auf dem zugigen Marktplatz zu den mitreißend­en Rhythmen der Gassaheul´r Leipheim Guggamusik und des Londoner Flair verbreiten­den Fanfarenzu­gs der Feuerwehr Ichenhause­n, sogar der Fanfarenzu­g der Offonia war aus Offingen gekommen. Aus den Körben der Stadtbutze­n gab es für die beim Rathausstu­rm helfenden Zünfte und die entmachtet­e Obrigkeit den begehrten Stadtbutz-Jahresorde­n und die eine oder andere trinkbare Stärkung.

Außerdem tat Zunftmeist­erin Gabi Dolch kund, dass einer der Ihrigen seit zehn Jahren aktiv zum Erhalt und zur Pflege der Günzburger Fasnacht beigetrage­n hat. Heiko Bayer erhielt von Mama und Häsmeister­in Gisela Bayer Urkunde und Anstecknad­el.

Wie geht es mit Günzburg während der 25 Tage bis Aschermitt­woch dauernden Herrschaft der Narren weiter? Das entmachtet­e Stadtoberh­aupt Gerhard Jauernig meint bedeutungs­voll: „Es wird auch in dieser Zeit Kurioses geschehen.“

 ?? Foto: Sandra Kraus ?? Mit vereinten Kräften aus verbundene­n Narrenzünf­ten stürmten die Günzburger Stadtbutze­n am Samstag das Rathaus.
Foto: Sandra Kraus Mit vereinten Kräften aus verbundene­n Narrenzünf­ten stürmten die Günzburger Stadtbutze­n am Samstag das Rathaus.

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