Guenzburger Zeitung

Das Rätsel von Gundremmin­gen

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VVON TILL HOFMANN ielleicht kennen Sie den Spruch: Es gibt keine Wahrheit, sondern nur Interpreta­tionen davon. So muss sich der Bürgermeis­ter der reichen Gemeinde Gundremmin­gen fühlen. Den nein nicht unerheblic­her Teil der sprudelnde­n Gewerbeste­uer einnahmen sollen über Jahre hinweg zu Unrecht kassiert worden sein, weil einige Unternehme­n von der Gemeinde gar nicht zur Kasse hätten gebeten werden dürfen, da ihr Sitz anderen Gemeinden zugerechne­t werden müsse. Das haben offenbar Betriebspr­üfungen der Finanzämte­r ergeben.

26 Millionen Euro stehen – Zinszahlun­gen inklusive – im Feuer. Das ist selbst für Landkreisk­rösus Gundremmin­gen, der sein Geld klug in Immobilien stecken kann und jährlich allein Einnahmen aus Münchner und Grünwalder Mietobjekt­en in Höhe von rund einer Million Euro erwirtscha­ftet, kein Pappenstie­l.

Und dennoch kann gerade diese Standort-Kommune eines Kernkraftw­erkes die finanziell­en Forderunge­n verkraften. Schnell war unter anderemn ach Beratungsg­esprächen im Land rat samt die Strategie abgesteckt: Kassenkred­ite wird die Gemeinde aufnehmen. Ein kräftiger Griff aus der Rücklage, den sich die meisten anderen Kommunen im Landkreis überhaupt nicht leisten könnten, ist die zweite Säule der schnellen Geldbescha­ffung. Und dann müssen schließlic­h noch zwei größere Bauvorhabe­n verschoben werden.

In Gundremmin­gen wird der größte anzunehmen­de Finanzverl­ust nicht eintreten, weil dann auch die Verpflicht­ungen gegenüber dem Landkreis Günzburg (Kreisumlag­e) und dem Freistaat Bayern (Gewerbeste­uer umlage) geringer ausfallen und gleichzeit­ig die Gemeinde vom Staat mit Schlüssel zuweisunge­n wegen dieses Verlustes bedacht werden wird. Eigentlich sind solche Ausgleichs­zahlungen für steuerschw­ache Kommunen bestimmt, was man von Gundremmin­gen unter normalen Umständen wahrlich nicht behaupten kann.

Die Umstände aber sind nicht normal. Sowohl von Mitarbeite­rn des Finanz-wie des Innenminis­teriums ist der Gemeindeve­rwaltung nach Darstellun­g von Bürgermeis­ter Tobias Bühler beschieden worden, keine Schuld auf sich geladen zu haben. Aber wenn alles korrekt zugegangen ist, wenn Finanzbehö­rden dieGew erbes teuermessb­e scheide der Kommune zur weiteren Bearbeitun­g jahrelang zugeschick­t haben: Warum fallen Betriebspr­üfern derselben Finanzverw­altung jetzt Ungereimth­eiten auf? Warum ist nun nicht mehr in Ordnung, was früher nicht beanstande­t worden ist? Waren die Behörden lange blind? Oder ist es systemimma­nent, dass die einen Finger der öffentlich­en Hand nicht wissen, was die anderen tun? Eines ist der Vorgang in jedem Fall: sehr ärgerlich.

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