Was die Arbeiter von Morgen wollen
Gewerkschaften Statt einer Kundgebung organisiert der DGB eine Ausstellung. Schüler nennen hier klare Vorstellungen
Günzburg Neue Wege ist der Deutsche Gewerkschaftsbund gegangen. Statt der traditionellen Kundgebung zum 1. Mai haben die Verantwortlichen des DGB in diesem Jahr eine Ausstellung organisiert. „Gerecht geht anders“lautet der Titel der Schau, die noch bis 11. Mai im Forum am Hofgarten in Günzburg zu sehen ist. Teil der Ausstellung sind bemerkenswerte Fotos und Texte zum Thema „So sehen Schüler die Arbeitswelt“– gestaltet von Schülerinnen und Schülern der MariaTheresia-Mittelschule. Die Ausstellung bietet eine Fülle von Informationen und regt zum Nachdenken an.
Sarah ist 15 Jahre alt. Vor eineinhalb Jahren war sie mit ihren Eltern aus Syrien geflüchtet. Ihr Deutsch ist schon so gut, dass sie den Besuchern mühelos den Inhalt der Ausstellung „So sehen Schüler die Arbeitswelt“erläutern kann. „Wir freuen uns auf die Arbeitswelt, aber wir haben auch Fragen“, erklärt die Neuntklässlerin. Denn in die Freude mischen sich auch Sorgen, berichtet Lehrer Sebastian Malecha, der die Foto-AG der Mittelschule betreut. Schon die Jüngsten bekämen mit, dass die Arbeitswelt von heute und morgen alles andere als gesichert ist. Die Jugendlichen äußern bei ihrer Foto-Schau klare Berufswünsche – Polizist, Krankenschwester, Verkäuferin oder Sekretärin. Ebenso klar sind ihre Wünsche. „Wir wollen Perspektiven“, „Wir wollen gerecht entlohnt werden“, „Wir wollen arbeiten, aber nicht überfordert werden“.
Schulleiter Ralf Klügl nutzte die Ausstellungseröffnung, um eine Lanze für die Mittelschulen zu brechen. „Gute Mittelschüler von heute sind die guten Facharbeiter von morgen“. Die Mittelschulen hätten zu Unrecht ein schlechtes Image. Und Klügl macht sich stark für seine engagierten Schülerinnen und Schüler: „Wir sollten Zutrauen zu den Jugendlichen haben“.
Wer die Schautafeln und Grafiken der DGB-Ausstellung betrachtet, kann die Verunsicherung vieler Jugendlichen verstehen. Die Renten seien im „Sinkflug“, der Niedriglohnsektor nehme immer mehr zu, die Besteuerung von Löhnen und Vermögen sei ebenso ungerecht wie die Finanzierung des Gesundheitswesens, erklärte der DGB-Kreisvorsitzende Werner Gloning. Der DGB übe nicht nur Kritik, sondern er zeige bei der Ausstellung auch auf, wie aus Sicht der Gewerkschaften mehr Gerechtigkeit hergestellt werden könne. „Man muss es politisch nur wollen“, betonte Gloning.
Günzburger Ortsvorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi ist Helga Springer-Gloning. Die Gewerkschaft kämpfe derzeit um bessere Arbeitsbedingungen und für mehr Personal in den Krankenhäusern. Sie bat die Bevölkerung um Unterstützung bei diesen Bemühungen. Diesen Punkt griff Oberbürgermeister Gerhard Jauernig in seinem Grußwort auf. Seine betagten Eltern seien zuletzt häufiger in der Klinik gewesen. Die Beschäftigten leisteten hervorragende Arbeit. Im Sinne der gegenseitigen Menschlichkeit seien aber bessere Arbeitsbedingungen und mehr Personal nötig, appellierte Jauernig an Landesund Bundespolitiker, entsprechende „Weichenstellungen“vorzunehmen. Zugleich zollte der OB den Mittelschülern Respekt für deren Foto-Ausstellung und die „tolle Arbeit“.
Musikalisch umrahmt wurde die Eröffnung vom Duo „Em rah“– Willy Gessler (Saxofon) und Anton Spengler am E-Piano.