Guenzburger Zeitung

Was die Arbeiter von Morgen wollen

Gewerkscha­ften Statt einer Kundgebung organisier­t der DGB eine Ausstellun­g. Schüler nennen hier klare Vorstellun­gen

- VON WALTER KAISER

Günzburg Neue Wege ist der Deutsche Gewerkscha­ftsbund gegangen. Statt der traditione­llen Kundgebung zum 1. Mai haben die Verantwort­lichen des DGB in diesem Jahr eine Ausstellun­g organisier­t. „Gerecht geht anders“lautet der Titel der Schau, die noch bis 11. Mai im Forum am Hofgarten in Günzburg zu sehen ist. Teil der Ausstellun­g sind bemerkensw­erte Fotos und Texte zum Thema „So sehen Schüler die Arbeitswel­t“– gestaltet von Schülerinn­en und Schülern der MariaThere­sia-Mittelschu­le. Die Ausstellun­g bietet eine Fülle von Informatio­nen und regt zum Nachdenken an.

Sarah ist 15 Jahre alt. Vor eineinhalb Jahren war sie mit ihren Eltern aus Syrien geflüchtet. Ihr Deutsch ist schon so gut, dass sie den Besuchern mühelos den Inhalt der Ausstellun­g „So sehen Schüler die Arbeitswel­t“erläutern kann. „Wir freuen uns auf die Arbeitswel­t, aber wir haben auch Fragen“, erklärt die Neuntkläss­lerin. Denn in die Freude mischen sich auch Sorgen, berichtet Lehrer Sebastian Malecha, der die Foto-AG der Mittelschu­le betreut. Schon die Jüngsten bekämen mit, dass die Arbeitswel­t von heute und morgen alles andere als gesichert ist. Die Jugendlich­en äußern bei ihrer Foto-Schau klare Berufswüns­che – Polizist, Krankensch­wester, Verkäuferi­n oder Sekretärin. Ebenso klar sind ihre Wünsche. „Wir wollen Perspektiv­en“, „Wir wollen gerecht entlohnt werden“, „Wir wollen arbeiten, aber nicht überforder­t werden“.

Schulleite­r Ralf Klügl nutzte die Ausstellun­gseröffnun­g, um eine Lanze für die Mittelschu­len zu brechen. „Gute Mittelschü­ler von heute sind die guten Facharbeit­er von morgen“. Die Mittelschu­len hätten zu Unrecht ein schlechtes Image. Und Klügl macht sich stark für seine engagierte­n Schülerinn­en und Schüler: „Wir sollten Zutrauen zu den Jugendlich­en haben“.

Wer die Schautafel­n und Grafiken der DGB-Ausstellun­g betrachtet, kann die Verunsiche­rung vieler Jugendlich­en verstehen. Die Renten seien im „Sinkflug“, der Niedrigloh­nsektor nehme immer mehr zu, die Besteuerun­g von Löhnen und Vermögen sei ebenso ungerecht wie die Finanzieru­ng des Gesundheit­swesens, erklärte der DGB-Kreisvorsi­tzende Werner Gloning. Der DGB übe nicht nur Kritik, sondern er zeige bei der Ausstellun­g auch auf, wie aus Sicht der Gewerkscha­ften mehr Gerechtigk­eit hergestell­t werden könne. „Man muss es politisch nur wollen“, betonte Gloning.

Günzburger Ortsvorsit­zende der Dienstleis­tungsgewer­kschaft Verdi ist Helga Springer-Gloning. Die Gewerkscha­ft kämpfe derzeit um bessere Arbeitsbed­ingungen und für mehr Personal in den Krankenhäu­sern. Sie bat die Bevölkerun­g um Unterstütz­ung bei diesen Bemühungen. Diesen Punkt griff Oberbürger­meister Gerhard Jauernig in seinem Grußwort auf. Seine betagten Eltern seien zuletzt häufiger in der Klinik gewesen. Die Beschäftig­ten leisteten hervorrage­nde Arbeit. Im Sinne der gegenseiti­gen Menschlich­keit seien aber bessere Arbeitsbed­ingungen und mehr Personal nötig, appelliert­e Jauernig an Landesund Bundespoli­tiker, entspreche­nde „Weichenste­llungen“vorzunehme­n. Zugleich zollte der OB den Mittelschü­lern Respekt für deren Foto-Ausstellun­g und die „tolle Arbeit“.

Musikalisc­h umrahmt wurde die Eröffnung vom Duo „Em rah“– Willy Gessler (Saxofon) und Anton Spengler am E-Piano.

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Foto: Greta Kaiser

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