Finger weg von Zigaretten
Wenn Kinder an Asthma leiden, ist eine rauchfreie Umgebung für sie besonders wichtig. Die Krankheit kann man heute gut in den Griff bekommen
Seitdem vertrat von Mutius die sogenannte „Hygiene-Hypothese“, die sich allmählich durchsetzte. In groß angelegten Studien zeigte sie, dass Allergien und Asthma bei Kindern, die auf dem Bauernhof aufwachsen, seltener sind. Inzwischen ist es wissenschaftlich anerkannt, dass es vor Allergien schützen kann, wenn sich das Immunsystem früh mit Keimen auseinandersetzen muss – wie das bei Bauernhof-Kindern der Fall ist. Auch der frühe Konsum von unbehandelter Kuhmilch senkt das Asthma-Risiko. Da solche Rohmilch aber Keime enthalten kann, die krank machen, soll man sie kleinen Kindern dennoch nicht geben.
Es gibt weitere Faktoren, die bei der Entstehung von Asthma wahrscheinlich eine Rolle spielen. So erhöhen offenbar Chemikalien in Farben, Möbeln und Baustoffen, denen Kinder in Industrieländern von klein auf ausgesetzt sind, das Risiko, allergische Erkrankungen zu be- Kind krank wird, deutlich erhöht“, sagt von Mutius. Inzwischen kennt man sogar einige Gene, die für das Asthmarisiko verantwortlich sind. „Asthma ist aber nicht nur genetisch determiniert“, betont sie. „Es gibt also nichts, was die Krankheit voraussagt, so wie das etwa bei Mukoviszidose der Fall ist.“
Ob Kinder zu Asthma neigen, lässt sich leicht erkennen. Oft sind sie familiär vorbelastet und haben schon früh Neurodermitis. „Auch nächtlicher Husten, gerade in der Zeit nach Mitternacht, ist verdächtig“, sagt Gerstlauer. „Wenn das zusammenkommt mit Husten bei körperlicher Belastung, sollte man in Richtung Asthma denken und den Kinderarzt darauf ansprechen.“
Eine große Rolle als Auslöser von Asthma spielen Atemwegsinfekte. „Früher dachte man immer, dass frühe Infekte Kinder abhärten“, berichtet der Lungenarzt. Doch das stimmt so nicht, wie man heute weiß. „Es kommt dabei nämlich ganz auf die Erreger an.“Eine Infektion mit dem „Respiratory Syncytial Virus“(RSV), das Atemwegsbeschwerden hervorruft, ist für empfängliche Kinder fatal: Studien zufolge erhöht eine RSV-Infektion das Asthma-Risiko deutlich.
Doch was kann man tun, damit die Krankheit erst gar nicht ausbricht? „Vorbelastete Familien sollten unbedingt aufs Rauchen verzichten“, sagt von Mutius. Denn Rauchen in der Schwangerschaft erhöht das Asthma-Risiko der Kinder deutlich. Auch später ist Passivrauchen extrem schädlich. „Sonst kann man leider nichts machen“, räumt die Expertin ein.
Immerhin lässt sich Asthma gut in den Griff bekommen. So gibt es Medikamente, die im Akutfall sofort die Atemwege erweitern. Andere Mittel (vor allem Kortison) mildern die Entzündung in den Atemwegen. Wenn Allergene der entscheidende Auslöser sind, kommt für Kinder ab sechs Jahren eine Hyposensibilisierung infrage. „Wichtig ist es vor allem, Folgeschäden zu vermeiden“, sagt von Mutius. So muss der Arzt dafür sorgen, dass sich die Lungenfunktion normal entwickeln kann.
In der Pubertät bessern sich die Beschwerden oft. Gerstlauer erklärt: „Bei den Jungen sind es 50 Prozent, die zumindest keine Dauertherapie mehr brauchen.“Bei einigen verschwindet das Asthma sogar völlig. Wenn Jugendliche aber mit dem Rauchen anfangen, kommen die Beschwerden oft wieder. „Man kann daher nur sagen: Finger weg von Zigaretten!“, so der Arzt.