Kehrtwende tut not
Die Wohnungsnot in Deutschland nimmt immer weiter zu. Millionen Wohnungen fehlen aktuell. Ohne eine echte Wiederbelebung des sozialen Wohnungsbaus tickt hierzulande eine soziale Zeitbombe, weil sich viele Menschen auf dem freien Markt keine Wohnung mehr leisten können. Es braucht aber mehr als nur einige Milliarden Euro vom Staat. Denn der Wohnungsbau leidet derzeit gleich an mehreren Entwicklungen.
Es fehlt vor allem Wohnraum für Haushalte, die nicht zu den Gutverdienern gehören. Es rächt sich hier, dass der soziale Wohnungsbau in den vergangenen Jahrzehnten massiv vernachlässigt wurde. Den Mangel an günstigen Mietwohnungen hat der massenhafte Verkauf von kommunalen Beständen noch zusätzlich verstärkt. Da die Nachfrage nach günstigen Wohnungen in den kommenden Jahren weiter steigen wird, ist in diesem Bereich eine Kehrtwende zwingend notwendig. Der Markt allein kann das Grundbedürfnis der Menschen aus mehreren Gründen nicht decken.
Dabei fehlen auch frei finanzierte Wohnungen, vor allem in den wirtschaftlich prosperierenden Regionen – etwa im Süden der Republik. Wenn sich das ändern soll, muss der Wohnungsbau für die Investoren allerdings auch rentabel sein. Angesichts des aktuellen Baukostenniveaus ist das kaum möglich. So sind die wieder steigenden Zinsen zusätzliches Gift für den Wohnungsmarkt.
Familien, die gerne ein Eigenheim erwerben würden, können es sich dieser Tage nicht leisten und bleiben zwangsläufig in ihrer Mietwohnung. Investoren rechnen die Gesamtkosten durch und stellen fest, dass die notwendigen Mieteinnahmen nicht erzielt werden können. An diesen Punkten kann der Staat kaum eingreifen, allenfalls die steuerlichen Rahmenbedingungen für Bauherren verbessern.
An anderen Stellen sind Bund, Länder und Kommunen dagegen gefragt. Hier werden die Standards für den Wohnungsbau gesetzt. Jede bürokratische Anforderung, jede neue Mindestvorschrift und jede behördliche Verzögerung bei der Bereitstellung von Flächen oder der Bearbeitung von Anträgen treibt die Kosten. Gerade in diesem allzu streng regulierten Bereich gibt es sicher noch hinreichend viele Möglichkeiten, die Kostenentwicklung abzubremsen und den Wohnungsbau – unabhängig von allen anderen Entwicklungen – wieder attraktiver zu machen.