Afghaninnen nicht im Stich lassen
Man hätte es kommen sehen können: Die Taliban schränken das Leben von Frauen in Afghanistan immer weiter ein. Aber ihnen Glauben zu schenken, dass sie weniger radikal herrschen würden als in den 1990er-Jahren, schien einfacher für die internationale Gemeinschaft. Deshalb reagierten Staaten wie Deutschland auf Einschränkungen für Frauen bislang lediglich mit Worthülsen: Kein Schulbesuch für Mädchen? Das verurteilten die UN sowie Regierungen weltweit. Auf das Verbot für Frauen, Parks zu betreten, gab es besorgte Stellungnahmen. Und auf das Studierverbot für die weibliche Bevölkerung in der vergangenen Woche reagierte man ebenfalls nur mit kritischen Worten. Weitere Konsequenzen aber folgten nicht.
Deshalb ist es nicht überraschend, dass die Taliban schalten und walten, wie sie wollen. Nun trifft es unter fadenscheinigen Argumenten Nichtregierungsorganisationen, auf deren Unterstützung alle vor Ort angewiesen sind, auch diejenigen, die eine Rückkehr der Miliz begrüßt haben. Nach Angaben von Welthungerhilfe und UN-Entwicklungsprogramm lebt fast die gesamte Bevölkerung Afghanistans mittlerweile in Armut, die Hälfte ist von Hunger bedroht. Bisher funktionierte die humanitäre Hilfe, ohne dass die Taliban allzu viel Einfluss darauf hatten. Das ist jetzt anders.
Die Hilfe zu pausieren, wie Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze es nun angekündigt hat, ist richtig – auch wenn dies zu katastrophalen Zuständen vor Ort führen könnte. Zugleich ist es schwierig, der Abwärtsspirale der Versorgung tatenlos zuzuschauen.
Aber ein Weiter-so im Umgang mit den Taliban ist einfach nicht möglich. Denn vergessen wir nicht, dass es auch Frauenrechte waren, die als Argument für die internationale Präsenz der vergangenen 20 Jahre in Afghanistan immer wieder genannt wurden. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit hält fest, die Menschenrechte, besonders die Rechte von Frauen und Mädchen, seien weiterhin zentral für sein anhaltendes Engagement in dem Land.
Es sollte klar sein: Die Afghaninnen können nicht sich selbst überlassen werden. Wir haben eine Verpflichtung ihnen gegenüber. Deshalb gilt es, eine ausbalancierte, vor allem aber schnelle Lösung zu finden. Worte allein genügen nicht mehr.