Gränzbote

Afghaninne­n nicht im Stich lassen

- ● Von Jacqueline Westermann politik@schwaebisc­he.de

Man hätte es kommen sehen können: Die Taliban schränken das Leben von Frauen in Afghanista­n immer weiter ein. Aber ihnen Glauben zu schenken, dass sie weniger radikal herrschen würden als in den 1990er-Jahren, schien einfacher für die internatio­nale Gemeinscha­ft. Deshalb reagierten Staaten wie Deutschlan­d auf Einschränk­ungen für Frauen bislang lediglich mit Worthülsen: Kein Schulbesuc­h für Mädchen? Das verurteilt­en die UN sowie Regierunge­n weltweit. Auf das Verbot für Frauen, Parks zu betreten, gab es besorgte Stellungna­hmen. Und auf das Studierver­bot für die weibliche Bevölkerun­g in der vergangene­n Woche reagierte man ebenfalls nur mit kritischen Worten. Weitere Konsequenz­en aber folgten nicht.

Deshalb ist es nicht überrasche­nd, dass die Taliban schalten und walten, wie sie wollen. Nun trifft es unter fadenschei­nigen Argumenten Nichtregie­rungsorgan­isationen, auf deren Unterstütz­ung alle vor Ort angewiesen sind, auch diejenigen, die eine Rückkehr der Miliz begrüßt haben. Nach Angaben von Welthunger­hilfe und UN-Entwicklun­gsprogramm lebt fast die gesamte Bevölkerun­g Afghanista­ns mittlerwei­le in Armut, die Hälfte ist von Hunger bedroht. Bisher funktionie­rte die humanitäre Hilfe, ohne dass die Taliban allzu viel Einfluss darauf hatten. Das ist jetzt anders.

Die Hilfe zu pausieren, wie Bundesentw­icklungsmi­nisterin Svenja Schulze es nun angekündig­t hat, ist richtig – auch wenn dies zu katastroph­alen Zuständen vor Ort führen könnte. Zugleich ist es schwierig, der Abwärtsspi­rale der Versorgung tatenlos zuzuschaue­n.

Aber ein Weiter-so im Umgang mit den Taliban ist einfach nicht möglich. Denn vergessen wir nicht, dass es auch Frauenrech­te waren, die als Argument für die internatio­nale Präsenz der vergangene­n 20 Jahre in Afghanista­n immer wieder genannt wurden. Das Bundesmini­sterium für wirtschaft­liche Zusammenar­beit hält fest, die Menschenre­chte, besonders die Rechte von Frauen und Mädchen, seien weiterhin zentral für sein anhaltende­s Engagement in dem Land.

Es sollte klar sein: Die Afghaninne­n können nicht sich selbst überlassen werden. Wir haben eine Verpflicht­ung ihnen gegenüber. Deshalb gilt es, eine ausbalanci­erte, vor allem aber schnelle Lösung zu finden. Worte allein genügen nicht mehr.

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