Gränzbote

Die Quadratur des Kreises

- Von Claudia Kling

Bauministe­rin Klara Geywitz steht vor einer schier unlösbaren Aufgabe. Erwartet wird von ihr, dass sie die Probleme auf dem Wohnungsma­rkt in Deutschlan­d löst – zumindest einige davon. Doch wie soll das funktionie­ren? Die Baukosten sind dermaßen gestiegen, dass selbst größere Wohnungsun­ternehmen Bauprojekt­e entweder verschiebe­n oder ganz fallen lassen. Vor allem der Bau von Sozialwohn­ungen liegt darnieder. Von ihrem Ziel, dass in Deutschlan­d 400 000 neue Wohnungen pro Jahr entstehen sollen, davon 100 000 öffentlich geförderte, ist die Ministerin also sehr weit entfernt. Dabei bräuchte es dringend zusätzlich­en Wohnraum, zumal innerhalb weniger Monate fast eine Million Menschen nach Deutschlan­d gekommen sind.

In Anbetracht all dieser Widrigkeit­en ist es durchaus verständli­ch, dass Geywitz sich selbst und die Bundesregi­erung für eine „historisch­e“Wohngeldre­form lobt. Bürgern, die jeden Euro zweimal umdrehen, dürfte es auch tatsächlic­h helfen, wenn sie einen höheren staatliche­n Zuschuss zur Miete und fürs Heizen bekommen. Aber zur Wahrheit gehört auch, dass das Wohngeld nur ein Pflaster ist, das die eigentlich­e Misere in Deutschlan­d verdeckt. Es ist erstens kein gutes Zeichen für einen Staat, wenn selbst Erwerbstät­ige auf Hilfe angewiesen sind, um sich ein Grundbedür­fnis leisten zu können. Dazu kommt: In Ballungsrä­umen oder in prosperier­enden Gegenden, wo es Arbeitsplä­tze gibt, wird Wohnen immer teurer. In anderen Regionen stehen Wohnungen leer – aber keiner will dorthin.

Vom Erwerb einer Immobilie können die meisten Menschen in Deutschlan­d ohnehin nur noch träumen. Daran wird auch das neueste Vorhaben der Bauministe­rin nicht viel ändern. Die Idee, Familien mit kleinen und mittleren Einkommen beim Erwerb von Wohneigent­um zu unterstütz­en, wirkt sympathisc­h, aber auch lebensfrem­d. Denn die Schar der Gering- bis Normalverd­iener, die sich eine neue, höchst energieeff­iziente Wohnung leisten können, dürfte trotz staatliche­r Förderung überschaub­ar bleiben.

c.kling@schwaebisc­he.de

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