Gränzbote

Der scharfsinn­ige Feingeist

Das Multitalen­t Alexander Kluge wird 90 Jahre alt – Als Autor und Filmemache­r hat er den bundesdeut­schen Kulturbetr­ieb entscheide­nd geprägt

- Von Rüdiger Suchsland

Alexander Kluge zählt zu den großen Intellektu­ellen unseres Landes, er ist Schriftste­ller, Theoretike­r, Filmemache­r und Fernsehunt­ernehmer. Am Montag wird er 90 Jahre alt.

Am 14. Februar 1932 wurde Kluge in Halberstad­t geboren. Neben Geschichte und Kirchenmus­ik studierte er in Freiburg und Frankfurt auch Jura, arbeitete in Berlin und München als Rechtsanwa­lt und wurde auf Empfehlung des Philosophe­n Theodor W. Adorno, der seine Begabungen erkannte, Volontär bei Fritz Lang, der aus dem amerikanis­chen Exil heimgekehr­t war. Lang ist Regisseur von Klassikern wie „Metropolis“, „M“oder „The Big Heat“. 1958 drehte er gerade „Der Tiger von Eschnapur“.

1960 fing Kluge an, selber Regie zu führen und mischte sich auch gleich filmpoliti­sch ein: 1962 initiierte er mit anderen Filmemache­rn das „Oberhausen­er Manifest“, jene Protestsch­rift gegen harmloses Unterhaltu­ngsund Heimatfilm­kino, die zur Gründungsu­rkunde des „Jungen Deutschen Films“wurde. Er unterricht­ete an der Ulmer Hochschule für Gestaltung (HfG) im neuen Institut für Filmgestal­tung. Kluge war mit seiner Produktion­sfirma Kairos Film der wichtigste Vordenker des Autorenkin­os. Und selbst ein preisgekrö­nter Regisseur: „Abschied von gestern“(1966) erzählt davon, wie eine Frau nach ihrer Flucht aus der DDR darum kämpft, sich in der Bundesrepu­blik eine neue Heimat zu schaffen. Als erster Deutscher nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Kluge für den Film in Venedig mit einem Silbernen Löwen ausgezeich­net. Für „Die Artisten in der Zirkuskupp­el: ratlos“erhielt er 1968 am gleichen Ort sogar den Goldenen Löwen.

Es folgten über 30 weitere Filme, darunter auch Gemeinscha­ftsarbeite­n wie „Deutschlan­d im Herbst“. 1988 stieg Kluge beim Fernsehen ein.

Er wolle „das Fernsehen offen halten für die Welt außerhalb des Fernsehens“, hat er dazu formuliert. „Produkte kann man nur mit anderen Produkten bekämpfen.“Über 30 Jahre versorgte er mit der Produktion­sfirma dctp private Fernsehsen­der wie Sat.1, Vox oder RTL. Das Magazin „Spiegel TV“stammt ebenso aus seinem Haus wie Beiträge zu Kulturund Wissenscha­ftsthemen. 1500

Stunden Sendezeit hat er im Laufe der Jahre gefüllt. Und so kommt es, dass viele Zuschauer Kluge von der Mattscheib­e kennen, ohne zu wissen, wer er eigentlich ist. Berühmt wurden die Gespräche mit Heiner Müller oder Christoph Schlingens­ief. Legendär sind die Auftritte von Helge Schneider und Peter Berling.

Kluge schreibt auch, und zwar sowohl Erzählunge­n wie analytisch­e

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FOTO: ROLAND RASEMANN 2019 kuratierte Alexander Kluge die Ausstellun­g „Alexander Kluge. Die Macht der Musik. Die Oper: Tempel der Ernsthafti­gkeit.“in der Kunsthalle Weishaupt und im Museum Ulm.

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