Impfpflicht-Entwürfe nehmen Gestalt an
Ampel-Abgeordnete präsentieren Gesetzesvorschlag – Union legt eigenes Konzept vor
BERLIN - Nachdem das Bundesverfassungsgericht grünes Licht für eine pünktliche Umsetzung der Impfpflicht für Mitarbeiter in medizinischen Einrichtungen und in der Pflege ab Mitte März gegeben hat, nimmt die Debatte um eine generelle Impfpflicht wieder an Fahrt auf. Karlsruhe lehnte am Freitag Eilanträge gegen die einrichtungsbezogene Pflicht ab, weil die möglichen Nachteile eines Aussetzens der Regelung für besonders gefährdete Menschen schwerer wögen als die Nachteile, die ungeimpften Beschäftigten drohten.
Für den Grünen Till Steffen gibt das Urteil dem von ihm mitinitiierten Gesetzentwurf für eine Impfpflicht für alle Erwachsenen „Rückenwind“. Die Gruppe von Abgeordneten, zu denen etwa SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese und die Liberale Marie-Agnes Strack-Zimmermann gehören, will, dass eine Impfpflicht für alle ab 18 Jahren ab 1. Oktober gelten und bis Ende 2023 befristet werden soll. Wer dreimal geimpft oder zweimal geimpft und zudem genesen ist, solle dies einfach per Smartphone oder etwa in der Apotheke der Krankenkasse übermitteln. „Sie haben ihre Pflicht damit schon erledigt.“Alle anderen sollen bis 15. Mai von den Kassen über Corona und die Impfstoffe informiert werden. Wer trotzdem die Impfung verweigert, soll von den Kassen den Behörden gemeldet werden. Dann drohen Bußgelder. Die legen die Behörden vor
Ort fest. Steffen meint, dass es zunächst nicht mehr als 250 Euro sein werden, bei mehrfacher Verweigerung aber erheblich mehr.
Die Krankenkassen halten allerdings wenig davon, so involviert zu werden. So lehnt Hans Peter Wollseifer, Vorstandschef des Verbandes der Innungskrankenkassen, die den Kassen „zugeschobene Kontrollfunktion“ab.
Auch die Union hat jetzt ein eigenes Konzept vorgestellt – für ein „Impfvorsorgegesetz“. CDU und CSU sprechen sich für einen „gestuften Impfmechanismus“aus, den Bundestag und Bundesrat bei verschärfter Pandemielage und gefährlichen Virusvarianten in Kraft setzen können – für bestimmte Altersgruppen, hier werden ab 60 beziehungsweise ab 50 Jahren genannt, oder bestimmte Berufsgruppen, etwa in Schulen oder bei der Polizei. Schließlich, so Fraktionsvize Sepp Müller, „wissen wir nicht, was im Herbst wird“. Man müsse kurzfristig reagieren können.
Wann der Bundestag die Gesetzentwürfe behandelt, bleibt unklar. So ist der Entwurf einer Gruppe um den FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann, der zunächst eine Beratungspflicht und danach eine Impfpflicht für alle ab 50 Jahren vorsehen soll, noch nicht fertig. Eine Kritik des Bundesverfassungsgerichts haben die Abgeordneten, die sich für eine Impfpflicht ab 18 Jahren aussprechen, aber sofort aufgenommen: Über die Dauer des Genesenenstatus solle in Zukunft wieder das Parlament und nicht das Robert-Koch-Institut entscheiden.