Ordentlich Nachschlag, aber bitte mit dem großen Löffel
Wenn es kommt, dann meist knüppeldick, spricht der Volksmund. Die Bundesliga bildet da keine Ausnahme und langt mit dem großen Löffel kräftig zu – und dabei rede ich nicht nur von den passionierten Negativ-RekordJägern des FC Schalke 04 unter ihrem Notkapitän Manuel Baum.
Vor allem, und da muss es an dieser Stelle doch schon wieder um die viele Jahre graueste aller BundesligaMäuse gehen, ist damit der FSV Mainz gemeint. Die unwürdige Personalschlacht um den erst aus- und dann wieder einsortierten Adam Salai, die Entlassung von Achim Beierlorzer bis zur Hilflosigkeit seines Nachfolgers Jan-Moritz Lichte. Gäbe es nicht immer neue Abgründe, man könnte diesen lange Zeit teilsympathischen Club einfach ignorieren. Das 2:3 (2:1) gegen Borussia Mönchengladbach trotz 2:1-Führung war dabei diesmal noch nicht einmal das schlimmste. Erschreckender ist der Fakt, dass Mainz unfassbare und fanunfreundliche 191 Minuten (also mehr als zwei komplette BundesligaSpiele!) keinen Schuss aufs Tor abgegeben hatte – bis sich Verteidiger Jeremiah St. Juste erbarmte. Doch genug der verdorbenen Fußballkost. Halten wir es beim Thema Mainz ebenso wie Gladbachs Trainer Marco Rose, der, angesprochen auf seinen Ex-Club nur sagte: „Ich hänge da mit dem Herzen dran, aber es ist nicht meine Aufgabe. Ich will auch nicht schlau daherreden.“
Diese Haltung ist gottlob weit verbreitet. Ohnehin ist es ja ratsam über die oder den Ex nicht schlecht zu reden oder gar böse nachzutreten. Auch Augsburgs Trainer Heiko
Herrlich vermeidet daher vor dem Montagsspiel (20.30 Uhr/DAZN) gegen Bayer Leverkusen jeden NachSchlag – auch wenn er 2018 einen Tag vor Heiligabend beim Werksclub entlassen wurde. „Der Zeitpunkt war sicherlich für mich überraschend, darüber ist man natürlich nicht glücklich in dem Moment, aber die Dankbarkeit überwiegt trotzdem, dass ich die Chance bekommen habe. Ich denke positiv daran zurück“, meinte Herrlich über die bewegten Monate. Leverkusens Sportchef Rudi Völler sagt dazu: „Trennungen gehören im Profifußball nun einmal dazu. Dass wir ihm kurz vor Weihnachten die Nachricht überbringen mussten, war natürlich nicht so schön, aber das gehört zum Job dazu.“Das Verhältnis nach dem versalzenem Feiertagsmahl sei heute jedoch gut. „Dass er mit Augsburg einen so guten Start in die neue Spielzeit hingelegt hat, freut mich für ihn, für Augsburg und natürlich für (Manager) Stefan Reuter“, sagte Völler. Das liebevoll zusammengestellt Montagsmenü kann also gereicht werden.
Kommen wir beim Thema Zukunftsfußball nun zu den Gesellen vom 1. FC Union Berlin, die in Sachen Zuschauer weiter ihren Extraweg gehen. Ob der Unioner Löffel diesbezüglich tief im positiven Topf der Fannähe oder eher im negativen der unverantwortlichen Sorglosigkeiten gerührt hat, soll jeder für sich entscheiden. Beim 1:1 (1:1) gegen den SC Freiburg jedenfalls sahen im Corona-Hotspot Berlin und bei generellen immer stärker werdenden Alltagseinschränkungen 4500 Fans Livefußball. Zur lautmalerischen Unterstützung und aufgrund des Gesangverbots hatten viele Fans der Eisernen Behelfs-Klanginstrumente ins Stadion geschleppt und hämmerten und lärmten mit ihren Schlaginstrumenten (darunter auch Löffeln), um bloß nicht der Verlockung eines Chores zu erliegen. „Das reine Klatschen kennt man so noch nicht, es ist ja sonst immer Gesang dabei. Aber in Zeiten von Corona lernen wir immer wieder etwas Neues kennen“, sagte Unions Torschütze Robert Andrich. Berlins Trainer Urs Fischer schwärmte gar von der „tollen Stimmung“, und SC-Trainer Christian
Streich fand die Kulisse „schön“. Doch der 55-Jährige, ohnehin als gutes Gewissen der Liga bekannt, behielt auch das große Ganze im Blick. „In diesem Tempo darf es mit den Infektionen nicht weitergehen“, appellierte Streich sorgenvoll. „Sonst haben wir ein richtiges Problem.“
Eine Warnung. Ein Appell. Auch zu verstehen abseits des Fußballsports, der allerdings bei den wirtschaftlichen Folgen einer erneuten Geisterspielwelle nachhaltig leiden würde. Denn diese Suppe möchte wohl niemand auslöffeln – egal, wie groß das Esswerkzeug auch sein möge.