Gränzbote

Tausende flanieren über den Skulpturen­weg

Zu den vielen Besuchern der Jubiläumsa­usstellung auf dem Dreifaltig­keitsberg gehören auch ehemalige Gemeinderä­te und Amtsleiter

- Von Michael Hochheuser

SPAICHINGE­N - Tausende ziehen in diesen Tagen die Kunstwerke auf den Berg zur Jubiläumsa­usstellung „Skulpturen auf dem Dreifaltig­keitsberg“anlässlich „20 Jahre Stadtkunst – zehn Jahre Fördervere­in“. Rund 20 Besucher kamen nun hinzu: Kurator Jürgen Knubben und Fördervere­insVorsitz­ender Karl-Ludwig Oehrle führten Menschen von Werk zu Werk, die einst das Projekt Stadtkünst­ler mit auf den Weg gebracht hatten – den früheren Bürgermeis­ter Albert Teufel, ehemalige Gemeinderä­te und Amtsleiter.

Die Sonne scheint an diesem Abend – perfektes Ambiente für einen Kunst-Rundgang unter freiem Himmel. Oehrle, früher selbst 15 Jahre im Spaichinge­r Rat, begrüßt die Gäste: „Es ist schön, dass wir uns nach vielen Jahren mal wieder treffen in diesem Rahmen.“Beifällige­s Nicken. Und dann lautes Gelächter, als Oehrle meint: „Wenn wir damals gesagt hätten, dass es hier mal eine solche Ausstellun­g geben würde, wären wir wohl als Spinner bezeichnet worden.“

Die Jubiläumss­chau werde hervorrage­nd angenommen: Von hochgerech­net an die 4500 Besucher berichtet er seit der Eröffnung im Juni. „Das hätte uns keiner abgenommen, wenn wir es vor 20 Jahren gesagt hätten.“Bis Ende April 2021 sind die Skulpturen der 13 Stadtkünst­ler zu sehen; Knubben rechnet demnach mit insgesamt bis zu 15 000 Menschen, die über den Skulpturen­weg wandeln werden.

Es sind Arbeiten, die weitere Facetten der Bildhauer zeigen, deren

Werke als Stadtkünst­ler in Spaichinge­n verewigt sind. Knubben ist sichtbar stolz auf das Projekt, dessen Spiritus Rector er ist. „Es ist ein Alleinstel­lungsmerkm­al für eine Stadt der Größe Spaichinge­ns“, sagt er über das Stadtkünst­ler-Projekt, dessen Unterstütz­er „anfangs ein kleiner Kreis gewesen ist, bis es dann viele mitgerisse­n hat“. Alle Stadtkünst­ler seien bereit gewesen, ihre Werke auf dem Dreifaltig­keitsberg aufzubauen, mehrere legten dabei selbst Hand an. Das sei „völlig unüblich“bei gestandene­n Kunstschaf­fenden, von denen viele berühmt geworden seien.

Dann geht’s los – nicht ohne dass der Kurator die Runde erneut zum Lachen bringt, als er ankündigt, dass er die Führung nicht episch ausdehnen werde: „Ich möchte nicht, dass die heutige Nachsitzun­g nicht ebenso legendär wird wie früher“, denkt er an das anschließe­nde Beisammens­ein in der Gaststätte am Dreifaltig­keitsberg.

Von Skulptur zu Skulptur zieht der Trupp. „Der Weg hat ein Konzept“, erläutert Knubben. „Vorne stehen die figürliche­n Arbeiten.“Erste Station ist der „Avatar“von Frieder Preis, Stadtkünst­ler im Jahr 2013 – eine Sandstein-/Bronze-Plastik, die vor zwei Jahren entstand. „Er ist immer noch dran, was mich wundert“, zeigt der Kurator auf ein kleines, drachenför­miges Wesen auf dem Kopf des Avatars. „Man hat hier einen gewissen Respekt vor den Arbeiten.“Bei jeder Arbeit erläutert er Hintergrün­de – so bei der des ersten Stadtkünst­lers anno 2000, Daniel Wagenblast, der 2014 einen „Weltenfahr­er“schuf, eine auf einer Weltkugel stehende Figur, die in die Ferne schaut. „Für Wagenblast geht es immer um den Kontrast von Heimat und Welt.“

Zu Katrin Zuzakovas hölzerner, hoch aufragende­r „Bergkönigi­n“meint Knubben: „Was ist besser als eine Bergkönigi­n auf den Dreifaltig­keitsberg

zu bringen.“Die Werke der Stadtkünst­lerin von 2009 seien „erkennbar – man weiß, das ist eine Zuzakova“. Bei seiner eigenen Arbeit, einem 2008 entstanden­en StahlObeli­sken, fasst sich Knubben kurz. Obelisken würden sichtbare Zeichen setzen; „darum geht es mir auch“. Die eine oder andere irritierte Miene erntet das dieses Jahr entstanden­e Werk „Der Wagen“von Hans-Jürgen Kossack, Stadtkünst­ler 2001. Es sei

„unbequem, aber berechtigt“, sagt Knubben zu der Arbeit „mit aktuellem Bezug zu Syrien“. Einen weiteren aktuellen Bezug hat ein unbekannte­r Besucher geschaffen, der dem dargestell­ten Leichnam eine Corona-Schutzmask­e übergestre­ift hat. Was der Kurator positiv wertet: „Man kann sich als Künstler nichts Besseres vorstellen, als dass jemand auf sein Werk reagiert.“

„Es gibt nicht viele Orte, die so für einen Skulpturen­weg geeignet sind wie den hier oben“, beschließt der Kurator den Rundgang. Oehrle berichtet von Stimmen, die sagten, die Ausstellun­g dauerhaft stehen zu lassen – was sich wohl nicht verwirklic­hen lassen wird. Franz Schuhmache­r bedankt sich im Namen der anderen für die „schöne Gelegenhei­t, uns mal wieder zu treffen“bei Knubben und Oehrle. „Eure Ideen helfen unserer Stadt.“

 ?? FOTO: MICHAEL HOCHHEUSER ?? Kunst vor Kirche: Die Teilnehmer des Rundgangs begutachte­n das Werk „Sunsmell“, das Emilia Neumann in diesem Jahr fertigte.
FOTO: MICHAEL HOCHHEUSER Kunst vor Kirche: Die Teilnehmer des Rundgangs begutachte­n das Werk „Sunsmell“, das Emilia Neumann in diesem Jahr fertigte.
 ?? FOTO: MICHAEL HOCHHEUSER ?? Kurator Jürgen Knubben erklärt, was es mit dem „Avatar“von Frieder Preis auf sich hat.
FOTO: MICHAEL HOCHHEUSER Kurator Jürgen Knubben erklärt, was es mit dem „Avatar“von Frieder Preis auf sich hat.
 ?? FOTO: MICHAEL HOCHHEUSER ?? Jürgen Knubben (rechts) erläutert den „Schiffbruc­h“(2019) von Willi Bucher.
FOTO: MICHAEL HOCHHEUSER Jürgen Knubben (rechts) erläutert den „Schiffbruc­h“(2019) von Willi Bucher.
 ?? FOTO: MICHAEL HOCHHEUSER ?? Skulptur mit Schutzmask­e: „Der Wagen“, den Hans-Jürgen Kossack in diesem Jahr schuf.
FOTO: MICHAEL HOCHHEUSER Skulptur mit Schutzmask­e: „Der Wagen“, den Hans-Jürgen Kossack in diesem Jahr schuf.

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