Angriff auf Zukunftstechnologie erfolgreich abgewehrt
Ellwanger Batteriehersteller Varta einigt sich mit Samsung im Streit um Lithium-Ionen-Patente – Langjähriger Liefervertrag unterschrieben
ELLWANGEN/RAVENSBURG - Der Schock auf der Ostalb muss Ende vergangenen Jahres riesig gewesen sein: In Kopfhörern des Elektronikkonzerns Samsung fanden Varta-Ingenieure Energiespeicher, die den eigenen Produkten nahe, aus Sicht des Ellwanger Batterieherstellers viel zu nahe, kamen. Sprich: Obwohl Samsung zu den Kunden von Varta gehört, hatte das südkoreanische Unternehmen die spezielle Technologie aus Schwaben offenbar kopiert. Varta reagierte promt und klagte wegen Patentverletzungen im Bereich der Lithium-Ionen-Zellen.
Dieser Streit ist zu Ende – zumindest hat sich Varta mit Samsung geeinigt. „Wir freuen uns, dass wir einen Liefervertrag geschlossen haben, der es uns ermöglicht, unsere Zusammenarbeit mit Samsung noch weiter zu intensivieren“, bestätigte VartaChef Herbert Schein am Montag der „Schwäbischen Zeitung“. „Das stärkt unsere bereits führende Position als Hersteller von innovativen und leistungsstarken Batterien für Premium-Wearables.“Mit anderen Konzernen, gegen die Varta wegen ähnlicher Patentverletzungen klagt, stehe die
Einigung allerdings noch aus. „Wir haben noch weitere laufende Verfahren, aber sind zuversichtlich hier auch bald eine sehr gute Lösung zu finden“, sagte Schein weiter.
Varta gehört zu den weltweit führenden Spezialisten in der Produktion von kleinen Lithium-Ionen-Zellen, die vor allem in kleinen Geräten wie
Kopfhörern und Hörgeräten zum Einsatz kommen. Der Erfolg des M-DaxKonzerns, der im vergangenen Jahr seinen Umsatz um mehr als ein Drittel auf 362,7 Millionen Euro und den operativen Gewinn um 94,1 Prozent auf 97,5 Millionen Euro steigerte, beruht nicht zuletzt auf den kleinen Batterien. Im Bereich der Coin-PowerZellen
sei Varta Marktführer. „Unsere Technologie, die wir kontinuierlich weiterentwickeln, hat die modernen Wearables erst möglich gemacht“, erzählt Schein. „Deswegen konnten wir es nicht zulassen, dass unser geistiges Eigentum hier verletzt wurde.“Zudem ist der weltweite Markt für Kopfhörer von Mobiltelefonen nach Angaben von Varta noch lange nicht gesättigt. Zurzeit werden noch fünfmal mehr Mobiltelefone verkauft als Kopfhörer, für die Varta in 60 Prozent der Fälle die Batterien beisteuert.
Im Patentstreit war Varta nach eigenen Angaben vor allem gegen Samsung und deren Kunden in Deutschland und den USA vorgegangen. Im Gegenzug habe auch Samsung eine Klage gegen den Ellwanger Hersteller eingereicht. Der Varta-Chef nennt es „nicht unüblich“, dass bei Patentstreitigkeiten auch eine Gegenklage erhoben wird. Der Schaden der Patentverletzungen sei aber überschaubar, die Stückzahlen der betroffenen Produkte nicht besonders hoch gewesen. „Unsere Produktion ist nach wie vor ausgelastet, wir arbeiten sieben Tage in drei Schichten“, erklärt Schein.
Die harsche Reaktion von Varta erklärt sich nicht nur durch die Tatsache,
dass das Wachstum der vergangenen Jahre auf den Erfolgen der Lithium-Ionen-Technologie beruht, sondern auch dadurch, dass das Ellwangener Unternehmen die Technik weiterentwickeln will – unter anderem für Roboter und fahrerlose Transportsysteme oder auch für Photovoltaikanlagen. „Wir erwägen in Zukunft auch größere Batteriezellen auf Lithium-Ionen-Technologie zu bauen“, hatte Varta-Chef Schein im Frühjahr im Interview mit der „Schwäbischen Zeitzung“erklärt. Dazu baut das Unternehmen eine Pilotlinie in Neunheim auf, die die Bundesregierung und das Land BadenWürttemberg im Rahmen der europäischen IPCEI-Initiative fördern. „Unsere Vision ist, dass wir die großen Lithium-Ionen-Zellen, die wir entwickelt haben, künftig selber bauen“, erläuterte Schein damals weiter. „Diese Zellen könnten wir dann in einer Vielzahl der eben genannten Anwendungen einsetzen, und auch den Automotive-Bereich schließen wir in Zukunft nicht aus.“Das Ziel von Varta könnte also sein, in Zukunft nicht nur, die Kopfhörer von südkoreanischen Elektronikkonzernen, sondern auch die Elektroautos von Daimler, BMW und Audi mit Batterien auszustatten.