Neue Mitarbeiter für Gesundheitsamt
Sieben weitere Stellen zur Nachverfolgung einer Corona-Infektion sollen geschaffen werden
Der Kreis will bei einem Anstieg der Corona-Infektionen gerüstet sein.
TUTTLINGEN - Die Zahl der CoronaInfektionen steigt im Landkreis Tuttlingen wieder. Nach Wochen, in denen nur an wenigen Tagen überhaupt Erkrankungen nachgewiesen worden waren, wurde nun innerhalb von drei Tagen bei vier Personen aus Trossingen, Tuttlingen und Aldingen die Lungenkrankheit festgestellt. Vor allem die Tatsache, dass die Fälle unabhängig voneinander sind, bereitet Sorge.
„Man könnte es positiv sehen: Die erkrankte Person aus Aldingen hat nichts mit der Person aus Tuttlingen zu tun. Ich sehe das aber negativ. Die Fälle sind eigenständig“, sagte Stefan Bär. Der Tuttlinger Landrat bemühte sich zwar, nicht von einzelnen Infektionsherden zu sprechen. „Wir sind noch weit weg von einem Fall Tönnies.“Dennoch sei das Virus weiter im Landkreis und ihn beschleiche das Gefühl, dass „eine Nachlässigkeit eingetreten ist.“
So soll es sich nach Auskunft der Kreisverwaltung bei dem Fall aus Aldingen, um eine Person handeln, die am Wochenende noch an einer Familienfeier mit 30 Personen teilgenommen hat. Bär rief dazu auf, wieder mit „Augenmaß, den Verlockungen des Sommers zu widerstehen“und das Tragen der Mund-NasenMaske
sowie die Hygieneregeln zu beachten. „Es ist keine Zeit für Entwarnung“, betonte Bär, der angesichts der Lockerungen und der nahenden Ferien von einem „spannenden Sommer“sprach.
Die Konsequenzen, die höhere Infektionszahlen und ein weiterer Lockdown haben könnten, skizzierte Bär nur. Bis Ende April habe die Bundesagentur für Arbeit aus dem Landkreis Tuttlingen 25 000 Anträge auf Kurzarbeit erhalten. „Das sind 40 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze“, sagte der Landrat, betonte aber, dass es sich bisher nur um Anträge handeln würde. „Die Situation für die Wirtschaft ist schwierig. Wie schwierig, wird sich erst gegen Ende des Jahres deutlich zeigen.“Grundsätzlich gilt Kurzarbeitergeld nur für die Dauer von zwölf Monaten. „Wir haben es selbst in der Hand, dass wir keine große Fallzahl mehr bekommen. Was wir sicher nicht gebrauchen können, ist eine Situation wie im März“, sagte Bär.
Darauf stellt sich der Landkreis mit seinem Gesundheitsamt aber ein. Es bestehe die Sorge, sagte Bär, dass spätestens im Herbst und Winter, wenn „die Virenlast“ohnehin hoch ist, eine zweite und dritte Corona-Infektionswelle droht. Und weil ein „nächster Lockdown eine Katastrophe
wäre, müssen wir bei einem Ausbruch alles, was wir brauchen, draufwerfen und das Virus stoppen“, erklärte Bernd Mager, Dezernent für Arbeit und Soziales. Deshalb soll das Gesundheitsamt mit sieben Stellen aufgewertet werden, um beispielsweise die Nachverfolgung von Kontaktpersonen im Zuge einer CoronaInfektion besser und schneller erledigen zu können. Dies hat der KreisAusschuss für Soziales und Gesundheit aus „fachlicher Sicht“einstimmig an den Kreistag empfohlen, der darüber wohl in der nächsten Sitzung am Donnerstag, 23. Juli, entscheiden wird.
Pro Infektion müssen im Schnitt zehn Personen noch am selben Tag identifiziert, informiert und in häusliche Quarantäne geschickt werden, heißt es in der Ausschussvorlage. Dieser Aufgabe kommt große Bedeutung zu. Nur wenn das Umfeld von infizierten Personen schnell isoliert werden kann, sind Infektionsketten zu unterbrechen. Dies dürfte nach den Lockerungen schwieriger werden. „Bei einem positiv Getesteten wird die Anzahl der Kontaktpersonen der Kategorie I deutlich größer sein, als während der Zeit der Kontaktsperren.“
Mit der Personalstärke im Gesundheitsamt, wie sie während des Beginns
der Pandemie war, dürfte das nicht gelingen. Zwar war die Personalstärke von 18 auf 120 Mitarbeiter hochgefahren worden. Man dürfe trotz der guten Arbeit im Gesundheitsamt aber nicht die Augen davor verschließen, dass „das Gesundheitssystem an der Grenze war.“Zumal viele Mitarbeiter, die damals aus anderen Bereichen der Verwaltung rekrutiert worden waren, wieder an ihre reguläre Arbeitsstelle zurückgekehrt sind und nun nicht zur Verfügung stehen.
Nicht nur wegen einer anderen Wahrnehmung in der Bevölkerung – die Bürger könnten sagen, die Verwaltung habe genug Zeit gehabt, sich vorzubereiten – will sich der Kreis für die Krise wappnen. Bund und Land fordern, dass pro 20 000 Einwohner ein Team von fünf Personen, angeleitet von einem erfahrenen Mitarbeiter, in der Nachverfolgung tätig sein muss. Dies wären für die Region 35 Mitarbeiter in sieben Teams. Der Kreis sucht nun fünf Personen, die als Kernteam im Gesundheitsamt die Nachverfolgung durchführt und bei einem Ausbruch die neu hinzukommenden Mitarbeiter schult. Zudem sollen ein Mitarbeiter für die EDV und einer für die Verwaltung gefunden werden. Die Kosten sollen vom Land Baden-Württemberg übernommen werden.