Gränzbote

Neue Mitarbeite­r für Gesundheit­samt

Sieben weitere Stellen zur Nachverfol­gung einer Corona-Infektion sollen geschaffen werden

- Von Matthias Jansen

Der Kreis will bei einem Anstieg der Corona-Infektione­n gerüstet sein.

TUTTLINGEN - Die Zahl der CoronaInfe­ktionen steigt im Landkreis Tuttlingen wieder. Nach Wochen, in denen nur an wenigen Tagen überhaupt Erkrankung­en nachgewies­en worden waren, wurde nun innerhalb von drei Tagen bei vier Personen aus Trossingen, Tuttlingen und Aldingen die Lungenkran­kheit festgestel­lt. Vor allem die Tatsache, dass die Fälle unabhängig voneinande­r sind, bereitet Sorge.

„Man könnte es positiv sehen: Die erkrankte Person aus Aldingen hat nichts mit der Person aus Tuttlingen zu tun. Ich sehe das aber negativ. Die Fälle sind eigenständ­ig“, sagte Stefan Bär. Der Tuttlinger Landrat bemühte sich zwar, nicht von einzelnen Infektions­herden zu sprechen. „Wir sind noch weit weg von einem Fall Tönnies.“Dennoch sei das Virus weiter im Landkreis und ihn beschleich­e das Gefühl, dass „eine Nachlässig­keit eingetrete­n ist.“

So soll es sich nach Auskunft der Kreisverwa­ltung bei dem Fall aus Aldingen, um eine Person handeln, die am Wochenende noch an einer Familienfe­ier mit 30 Personen teilgenomm­en hat. Bär rief dazu auf, wieder mit „Augenmaß, den Verlockung­en des Sommers zu widerstehe­n“und das Tragen der Mund-NasenMaske

sowie die Hygienereg­eln zu beachten. „Es ist keine Zeit für Entwarnung“, betonte Bär, der angesichts der Lockerunge­n und der nahenden Ferien von einem „spannenden Sommer“sprach.

Die Konsequenz­en, die höhere Infektions­zahlen und ein weiterer Lockdown haben könnten, skizzierte Bär nur. Bis Ende April habe die Bundesagen­tur für Arbeit aus dem Landkreis Tuttlingen 25 000 Anträge auf Kurzarbeit erhalten. „Das sind 40 Prozent der sozialvers­icherungsp­flichtigen Arbeitsplä­tze“, sagte der Landrat, betonte aber, dass es sich bisher nur um Anträge handeln würde. „Die Situation für die Wirtschaft ist schwierig. Wie schwierig, wird sich erst gegen Ende des Jahres deutlich zeigen.“Grundsätzl­ich gilt Kurzarbeit­ergeld nur für die Dauer von zwölf Monaten. „Wir haben es selbst in der Hand, dass wir keine große Fallzahl mehr bekommen. Was wir sicher nicht gebrauchen können, ist eine Situation wie im März“, sagte Bär.

Darauf stellt sich der Landkreis mit seinem Gesundheit­samt aber ein. Es bestehe die Sorge, sagte Bär, dass spätestens im Herbst und Winter, wenn „die Virenlast“ohnehin hoch ist, eine zweite und dritte Corona-Infektions­welle droht. Und weil ein „nächster Lockdown eine Katastroph­e

wäre, müssen wir bei einem Ausbruch alles, was wir brauchen, draufwerfe­n und das Virus stoppen“, erklärte Bernd Mager, Dezernent für Arbeit und Soziales. Deshalb soll das Gesundheit­samt mit sieben Stellen aufgewerte­t werden, um beispielsw­eise die Nachverfol­gung von Kontaktper­sonen im Zuge einer CoronaInfe­ktion besser und schneller erledigen zu können. Dies hat der KreisAussc­huss für Soziales und Gesundheit aus „fachlicher Sicht“einstimmig an den Kreistag empfohlen, der darüber wohl in der nächsten Sitzung am Donnerstag, 23. Juli, entscheide­n wird.

Pro Infektion müssen im Schnitt zehn Personen noch am selben Tag identifizi­ert, informiert und in häusliche Quarantäne geschickt werden, heißt es in der Ausschussv­orlage. Dieser Aufgabe kommt große Bedeutung zu. Nur wenn das Umfeld von infizierte­n Personen schnell isoliert werden kann, sind Infektions­ketten zu unterbrech­en. Dies dürfte nach den Lockerunge­n schwierige­r werden. „Bei einem positiv Getesteten wird die Anzahl der Kontaktper­sonen der Kategorie I deutlich größer sein, als während der Zeit der Kontaktspe­rren.“

Mit der Personalst­ärke im Gesundheit­samt, wie sie während des Beginns

der Pandemie war, dürfte das nicht gelingen. Zwar war die Personalst­ärke von 18 auf 120 Mitarbeite­r hochgefahr­en worden. Man dürfe trotz der guten Arbeit im Gesundheit­samt aber nicht die Augen davor verschließ­en, dass „das Gesundheit­ssystem an der Grenze war.“Zumal viele Mitarbeite­r, die damals aus anderen Bereichen der Verwaltung rekrutiert worden waren, wieder an ihre reguläre Arbeitsste­lle zurückgeke­hrt sind und nun nicht zur Verfügung stehen.

Nicht nur wegen einer anderen Wahrnehmun­g in der Bevölkerun­g – die Bürger könnten sagen, die Verwaltung habe genug Zeit gehabt, sich vorzuberei­ten – will sich der Kreis für die Krise wappnen. Bund und Land fordern, dass pro 20 000 Einwohner ein Team von fünf Personen, angeleitet von einem erfahrenen Mitarbeite­r, in der Nachverfol­gung tätig sein muss. Dies wären für die Region 35 Mitarbeite­r in sieben Teams. Der Kreis sucht nun fünf Personen, die als Kernteam im Gesundheit­samt die Nachverfol­gung durchführt und bei einem Ausbruch die neu hinzukomme­nden Mitarbeite­r schult. Zudem sollen ein Mitarbeite­r für die EDV und einer für die Verwaltung gefunden werden. Die Kosten sollen vom Land Baden-Württember­g übernommen werden.

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FOTO: NIAID-RML/AP/DPA

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