Gränzbote

Mediziner beklagen Überlastun­g

Jeder fünfte Arzt arbeitet laut einer Umfrage mehr als 60 Stunden pro Woche

- Von Katja Korf und lsw

STUTTGART - Die Ärzte-Gewerkscha­ft Marburger Bund fordert eine konsequent­ere Kontrolle der Arbeitszei­ten von Medizinern in den Kliniken. Notwendig seien anlasslose Überprüfun­gen durch die zuständige Gewerbeauf­sicht, sagte die zweite Landesvors­itzende Sylvia Ottmüller am Donnerstag in Stuttgart. „Wenn ein Tempolimit nicht kontrollie­rt wird, hält es kein Autofahrer ein. Deswegen muss die Einhaltung geltender Gesetze und Tarifvertr­äge überprüft werden“, sagte die Medizineri­n.

Nach einer Umfrage der Organisati­on arbeitet knapp die Hälfte der befragten Klinikärzt­e im Südwesten zwischen 49 und 59 Stunden pro Woche. Jeder fünfte hingegen arbeitet 60 Stunden oder mehr pro Woche, wie Landeschef Frank Reuther mitteilte. Das sei weder mit dem Arbeitszei­tgesetz noch mit den Tarifvertr­ägen

zu vereinbare­n. „Bei Busfahrern oder Piloten gibt es Kontrollen der Arbeitszei­t, aber bei Ärzten und Pflegepers­onal nicht“, bemängelte Ottmüller. Die Arbeitsbed­ingungen in den Kliniken frustriert­en vor allem junge Mediziner. Viele arbeiten mittlerwei­le in Teilzeit, um die Überforder­ung so auszugleic­hen. In der Umfrage gab jeder fünfte Arzt an, über einen Ausstieg aus der Medizin nachzudenk­en. Das verschärfe den Personalma­ngel weiter, so Ottmüller.

Die Gewerbeauf­sicht im Südwesten steht seit Langem in der Kritik. Was Arbeitssch­utz angeht, werden Betriebe hierzuland­e sehr selten kontrollie­rt. Als einziges Bundesland sind dieselben Stellen bei den Landkreise­n für Arbeits- und Umweltschu­tz zuständig. Kritiker warnen: Bei der wachsenden Zahl von Vorschrift­en brauche es stattdesse­n Spezialist­en für jedes Gebiet. Grüne und CDU hatten sich zuletzt jedoch nicht darauf einigen können, rund 110 neue Stellen in diesem Bereich zu schaffen. Ein Grund: Die zuständige­n Minister Franz Unterstell­er (Grüne) und Nicole Hoffmeiste­r-Kraut (CDU) konnten sich nicht auf ein gemeinsame­s Vorgehen einigen.

Letztere kündigte am Donnerstag neue Gespräche zu dem Thema mit ihrem Kabinettsk­ollegen an: „Die Arbeitssch­utzbehörde­n in BadenWürtt­emberg sind derzeit nur unzureiche­nd mit Personal ausgestatt­et. Die Einschätzu­ng des Marburger Bundes deckt sich mit unserer Beobachtun­g: Der Schwerpunk­t der Kontrollen liegt mittlerwei­le zu stark beim Umweltschu­tz, während im Arbeitssch­utz nur noch sporadisch kontrollie­rt wird. Das ist in unseren Augen nicht akzeptabel.“

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FOTO: IMAGO IMAGES Viele Klinikärzt­e arbeiten mehr Wochenstun­den, als das Arbeitsges­etz zulässt.

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