Buy local krankt an Händler-Interesse
Nur wenige Händler melden Interesse an – Nun soll neuer Vorstoß kommen
Stadt macht nun erneuten Vorstoß für eine Kampagne, vor Ort einzukaufen.
TUTTLINGEN - Aus dem Projekt Tuttlingen als Pilotstadt für die Kampagne „Buy local, kauf lokal“wird nichts. Ein Jahr lang hätten der Bundesverband Buy local die Stadt eng begleitet, Ideen angestoßen und auch überregionale Medien den Prozess dokumentiert. Doch das Interesse der Händler war verschwindend gering, sagt Citymanagerin Fabienne Lübcke.
Dennoch geht die Stadt das Thema erneut an. Statt Pilotstadt soll eine Kampagne mit mehreren Veranstaltungen gestartet werden. Projektkoordinator wird der Buchhändler Christof Manz sein. Auch die IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg zeige Interesse am Tuttlinger Vorstoß, heißt es.
Ihre Enttäuschung kann die Citymanagerin indes nicht ganz verbergen: „Pilotstadt zu werden, haben wir verpasst. Das finde ich bedauernswert.“Nach dem Impulsvortrag von Buy-local-Bundesgeschäftsführer Dennis Gladner und einer InfoVeranstaltung der Stadt mit Oberbürgermeister Michael Beck und dem Wirtschaftsförderer Simon Gröger habe es bei ihr und bei Christof Manz nicht mal eine Handvoll Rückmeldungen von interessierten Händlern gegeben – „und das waren jeweils dieselben“, so Lübcke. Vom Rest habe sie nichts gehört. Auch der Gewerbe- und Handelsverein ProTUT sei nicht aufgesprungen.
Bettina Fillinger, die bei ProTUT für das Ressort Handel und Gastronomie zuständig ist, begründet das zögerliche Verhalten auch damit, dass vor allem die zweite Info-Veranstaltung im Rathaus „ein wenig chaotisch war. Es fehlten konkrete Informationen
über die Ziele von Buy local und den Mehrwert für die Händler“, sagt sie auf Nachfrage. Weitere Informationen sollten von Seiten des Stadtmarketings verschickt werden. Fillinger: „Darauf haben wir von ProTUT bis jetzt gewartet und schließlich überlegt, selbst aktiv zu werden.“
Am Mittwoch dieser Woche gab es ein Treffen mit Fabienne Lübcke, die die Ideen für die neue Kampagne vorstellte. Das werde ProTUT gerne unterstützen, heißt es.
Eine große Auftaktveranstaltung ist in der ersten Jahreshälfte geplant. Johannes Bröckers, der Autor von „Schnauze, Alexa“soll dazu eingeladen werden. „Er ruft den Käufern ins Bewusstsein, wie lokales Einkaufen die Region unterstützt“, sagt Lübcke – im Gegensatz zu Internet-Bestellungen.
Das Buy-local-Logo soll laut Manz zudem großflächig in der Stadt plakatiert werden, um alle aufzurütteln, Händler wie Kunden. Es soll Info-Material, Aufkleber und Postkarten geben. Manz: „Wir können auch gemeinsam absaufen. Ich setze mich aber dafür ein, dass sich die Braut Tuttlingen in Szene setzt.“
Bei den anstehenden Großveranstaltungen, angefangen beim Landesfinale Jugend musiziert, an dem viele Tausend Menschen in der Stadt sind, ebenso wie beim HonbergSommer, dem Gauklerfest und den regelmäßigen Kindertreffs sollen weitere Aktionen folgen. Beispiel Jugend musiziert: Denkbar wäre, dass an dem Finalwochenende Ensembles der Musikschüler in den Tuttlinger Cafés spielen.
Manz sieht sich dabei als Handreicher für die Händler. „Es müssen sich alle Seiten bewegen, und der Handel muss das im Service-Bereich tun“, sagt er. Im Blick hat er aber auch die Verbraucher: Einkaufen vor Ort habe auch etwas mit der aktuellen Klimadebatte zu tun. „Es ist doch ein Wahnsinn, wie viele Pakete von Internetriesen wie Zalando täglich hin- und hergefahren werden.“
Die IHK bestätigt, „dass wir mit Interesse nach Tuttlingen schauen“, sagt Philipp Hilsenbek, Geschäftsbereichsleiter Standortpolitik. „Innenstadt-Engagement braucht immer eine gemeinsame Kraftanstrengung, deshalb wird uns in Tuttlingen etwas gelingen“, fügt er an. Ob sich der Verbund dabei auch finanziell beteiligen wird, lässt er aber offen. Andere Städte im Einzugsgebiet der IHK könnten es Tuttlingen gleichtun. Er sieht den Vorstoß auch in Zusammenhang mit der weiter wachsenden Einkaufsstadt Singen als „stärkste
Konkurrentin“für Tuttlingen. Dort wird in eineinhalb Jahren ein MegaEinkaufscenter eröffnet.
Auch OB Michael Beck will sich weiter einbringen. „Dass bis jetzt nur drei Händler Interesse bekundet haben, hat mich ehrlich gesagt enttäuscht. Ich werde nun nochmals alle Händler anschreiben und daran appellieren, über Initiativen wie diese an einem Strang zu ziehen.“Nur gemeinsam könne der stationäre Handel gegen die Konkurrenz aus dem Netz bestehen. Beck: „Dies setzt natürlich voraus, dass sich Händler und auch ProTUT aktiv einbringen. Wir als Stadt können solche Initiativen über das Citymanagement zwar begleiten, die Aktivitäten selber aber müssen die Händler bestreiten.“
Der Händlerverband spielt den Ball an die Stadt zurück. Bettina Fillinger sieht die Kampagne als gute Möglichkeit an, Geschäfte wie auch die Bevölkerung aufzurütteln. Fillinger: „Es kommt darauf an, welche Aktionen mit welchen finanziellen und personellen Mitteln vor allem von Seiten des Stadtmarketings gestartet werden.“ProTUT werde diese, „soweit wir das im Ehrenamt können, unterstützen“. An den Aktionen sollten sich die Geschäfte schon aus eigenem Interesse beteiligen, so Fillinger weiter.