Gränzbote

Quälende Praktiken

Doku über umstritten­e Therapien zur „Heilung“von Homosexual­ität

- Von Klaus Braeuer

BERLIN (dpa) - Frauen und Männer, die gleichgesc­hlechtlich­e Partner haben, mussten in den vergangene­n Jahrzehnte­n hart dafür kämpfen, dass sie von der Gesellscha­ft nicht mehr ausgegrenz­t werden. Bis heute ist das in vielen Ländern noch nicht selbstvers­tändlich. Eine TV-Doku greift einen Aspekt zur Homosexual­ität auf, der auf viele verstörend wirken mag: Es geht um dubiose Praktiken zur angebliche­n „Heilung“von Homosexual­ität. Arte strahlt die Doku mit dem Titel „Wie krank ist Homo-Heilung?“am kommenden Dienstag, 20.15 Uhr, aus.

Am 17. Mai 1990 beschloss die Weltgesund­heitsorgan­isation WHO, Homosexual­ität von der Liste psychische­r Krankheite­n zu streichen. Um öffentlich auf die Diskrimini­erung hinzuweise­n, der Schwule, Lesben oder Transsexue­lle vielerorts noch immer ausgeliefe­rt sind, riefen Betroffene den 17. Mai im Jahr 2004 zum Gedenktag aus.

Im Mai dieses Jahres war das Thema von umstritten­en Therapien zur angebliche­n Heilung von Homosexual­ität im Bundesrat in Berlin auf der Tagesordnu­ng. Die Länder wollen, dass umstritten­e Behandlung­en zur angebliche­n Heilung von Homosexual­ität verboten werden. Homosexual­ität sei keine Krankheit, die sogenannte­n Therapien könnten dagegen schwerwieg­ende psychische Folgen haben.

Die Doku gibt einen Einblick in dubiose und auch grausame Praktiken, darunter zum Beispiel Elektrosch­ocks. Einige dieser „Heiler“, zu denen auch Ärzte gehören, betreiben ein florierend­es Geschäft. Wie es um solche „Therapien“steht, welche Rolle zahlreiche fundamenta­listische christlich­e Gruppen und andere religiöse Organisati­onen spielen, das haben Bernard Nicolas und sein Journalist­enteam zwei Jahre lang in den USA, in Frankreich, Deutschlan­d, Polen und der Schweiz recherchie­rt.

Ihr ausführlic­her Dokumentar­film enthält Szenen, die versteckt gedreht wurden. Sie sind ebenso erschütter­nd wie die eindrückli­chen Aussagen von gleichgesc­hlechtlich liebenden Frauen und Männern, die öffentlich über ihre erlittenen Qualen sprechen.

Benoît etwa schildert, wie er sich früh geoutet hat. Seine streng katholisch­en Eltern haben ihn seinen Angaben zufolge mit 15 für drei Jahre in ein Sommerlage­r für Homosexuel­le gesteckt, wo er „umerzogen“werden sollte. Deb, die Tochter eines evangelika­len Paares, verfiel nach schlimmen Exorzismus-Sitzungen in eine tiefe Depression. Und Ewa musste qualvolle Heilungsme­ssen, Umerziehun­gslager und Elektrosch­ocks über sich ergehen lassen, die sie von ihrer Homosexual­ität „erlösen“sollten. Der Film zeigt Aufnahmen von früheren und aktuellen Therapiesi­tzungen und Gottesdien­sten; zu Wort kommen Theologen, Priester, Soziologen, Politiker, Psychiater, Psychother­apeuten und ein Allgemeinm­ediziner.

Wie krank ist Homo-Heilung? Dienstag, 26. November um 20.15 Uhr auf Arte

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FOTO: EGODOC PRODUCTION/ARTE FRANCE/DPA Alan Chambers (links), letzter Präsident der US-amerikanis­chen Organisati­on Exodus Internatio­nal, spricht in der Kirche mit einem jungen Mann. Die 2013 aufgelöste Organisati­on hatte sogenannte Heilung von Homosexual­ität angeboten.

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