Türkische Justiz verbietet Mesale Tolus Mann die Rückkehr zur Familie
Suat Corlu ist in Istanbul der Reisepass abgenommen worden – Prozess vertagt auf 11. Oktober
Top-Diplomat bemüht sich um Atomabkommen
TEHERAN (AFP) - In der Hoffnung auf eine Rettung des Atomabkommens hat Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) einen hochrangigen Diplomaten nach Teheran entsandt. Der Politische Direktor im Auswärtigen Amt, Jens Plötner, führte am Donnerstag „intensive Gespräche“in der iranischen Hauptstadt, wie das Auswärtige Amt im Kurzbotschaftendienst Twitter mitteilte. Im Zentrum der Reise stehe die „Bewahrung“des Atomabkommens mit Iran. Die USA hatten das Atomabkommen im Mai 2018 aufgekündigt. Genau ein Jahr später erklärte Iran, es werde einzelne Bestimmungen nicht mehr einhalten. ULM/ISTANBUL - Die türkischen Behörden haben gegen Suat Corlu (39), den Ehemann der deutschen Journalistin und Übersetzerin Mesale Tolu, erneut eine Ausreisesperre verhängt. Ihrem Mann sei am Mittwoch bei der Einreise in Istanbul der Pass abgenommen worden, sagte Tolu der „Schwäbischen Zeitung“. Da Corlu ausschließlich die türkische Staatsbürgerschaft besitzt, darf er vorerst nicht zu seiner Familie nach NeuUlm zurückkehren. Tolu fürchtet, dass die Justiz ihren Mann dauerhaft festhalten wolle.
Corlu, der ebenso wie seine Frau und 25 weitere Personen in der Türkei wegen Terrorpropaganda und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung angeklagt ist, wollte am Donnerstag an einem weiteren Prozesstermin in Istanbul teilnehmen: Dieser Termin wurde nach kurzer Aussprache beendet, die Fortsetzung wurde auf den 11. Oktober vertagt. Tolu selbst dagegen kam nicht zu der Anhörung. Die ursprünglich geplante Anhörung eines „geheimen Zeugen“– unkenntlich gemacht und per Videoschalte – wurde laut Staatsanwalt und Tolus Anwalt Keles Öztürk wegen eines „technischen Problems“auf die nächste Verhandlung verschoben.
Mit der Ausreisesperre gegen Corlu nimmt das Verfahren gegen Mesale Tolu und ihren Ehemann eine neue Wendung. Beobachter vermuten eine „Zermürbungstaktik“der Staatsanwaltschaft. Tolu glaubt, ihre Familie solle „eingeschüchtert bleiben“: Doch werde sie sich dem nicht beugen. Die 34-Jährige kündigte an, sich „weiterhin für Freiheit und Gerechtigkeit“einzusetzen.
Mesale Tolu, die 1984 in Ulm geborene Tochter kurdischer Eltern, war im April 2017 bei einer Razzia in ihrer Wohnung in Istanbul festgenommen worden. Ende August 2018 durfte sie nach achtmonatiger Haft und anschließender Ausreisesperre das Land verlassen und ist seitdem wieder in Deutschland. Auch ihr Mann durfte zwischenzeitlich ausreisen. Das Paar lebt mit dem gemeinsamen Sohn in Neu-Ulm.
Dort war Corlu am Mittwoch aufgebrochen, um am neunten Verhandlungstag des Prozesses teilzunehmen: „Er ist wie jedes Mal nach Istanbul geflogen, es ist die normalste Sache der Welt, dass man als Angeklagter am eigenen Prozess teilnimmt“, sagte Tolu am Donnerstag.
Doch bei dieser Reise kam es anders: „Am Flughafen Istanbul wurde meinem Mann mitgeteilt, dass seit dem 14. Mai eine Ausreisesperre gegen ihn gilt.“Die türkischen Behörden hätten dies aber vorher weder Corlu noch seinen Anwälten mitgeteilt: „Normalerweise werden alle neuen Entwicklungen in einem Verfahren auf einer speziellen Onlineplattform der türkischen Justiz bekannt gegeben – bei dieser Ausreisesperre war das nicht der Fall.“Corlu sei erst Ende April zum letzten Mal aus der Türkei ausgereist. Eventuell sei ihrem Mann bewusst eine Falle gestellt worden, sagte Tolu und fügte hinzu: „Zudem ist uns der Grund für die Ausreisesperre nicht genannt worden, es gibt aus unserer Sicht kein neues Verfahren.“Ihr Mann werde mit seinen Anwälten in die türkische Hauptstadt Ankara fahren, um dort mehr zu erfahren.
Margit Stumpp, die medienpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, sagte am Donnerstag in Istanbul, die türkischen Behörden hätten den Passentzug mit drei weiteren Ermittlungen begründet, die sich vermutlich auf angebliche Disziplinarverstöße während Corlus Haftzeit beziehen.