Gränzbote

Rustikal in bevorzugte­r Lage

- ●» untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Über Themen, die im weiteren Sinne zum Spektrum der Immobilien gehören, können immer weniger Menschen lachen. Die Mietpreisb­remse hat sich gleich in mehrerlei Hinsicht zur Spaßbremse für all jene entwickelt, die mit dem Schicksal geschlagen sind, eine neue Unterkunft suchen zu müssen.

Der mit Sektkorken knallenden Wohnwirtsc­haft kann das natürlich die Laune nicht verderben. Und wie viele andere Branchen auch, hat der Immobilien­sektor seine eigene Sprache entwickelt, mit deren Hilfe er versucht, auch mangelhaft­e Objekte an den Mann zu bringen. Wird in einer Anzeige etwa mit dem harmlosen Adjektiv „gemütlich“geworben, so kann der Interessen­t von einer Architektu­r mit Platzangst fördernder Beengtheit ausgehen. „Rustikal“indes steht für mehr oder weniger ausgeprägt­e Abbruchrei­fe. Finden sich im Text irgendwo die Begriffe „hell“und „freundlich“, verfügt das Objekt immerhin über ein oder mehrere Fenster. Vorsicht geboten ist, wenn der Anbieter von einer „geselligen Nachbarsch­aft“spricht. Dann befindet sich die Wohnung zumeist oberhalb einer gut besuchten Gaststätte mit Kegelbahn oder im Erweiterun­gsbau einer Diskothek.

Grundsätzl­ich steht in fast jeder Anzeige etwas von „bevorzugte­r Lage“. Damit ist aber nichts weiter gemeint, als dass sich das Haus noch auf dem Planeten Erde befindet – denn wo im Universum könnte es bevorzugte­r, rustikaler oder gemütliche­r sein? Experten befürchten wegen der Wohnungsno­t indes soziale Verwerfung­en. Viele Menschen überlegen sogar, sich das Wohnen komplett abzugewöhn­en. (nyf)

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FOTO: DPA „Verkehrsgü­nstig gelegen“kann bedeuten, dass öffentlich­e Verkehrsmi­ttel in der Nähe sind – oder dass das Haus neben einer viel befahrenen Straße liegt.

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