Tag der Entscheidung in Sachen Brexit
Regierungschefin May drohen Niederlage und Misstrauensvotum – EU denkt an Verschiebung
LONDON/BRÜSSEL (dpa/AFP) - Es wird ein wegweisender Tag für die EU, Großbritannien und die britische Premierministerin Theresa May. Heute Abend stimmt das britische Parlament über den mit der Europäischen Union ausgehandelten Brexit-Deal ab. Trotz neuer Zusicherungen aus Brüssel werden May kaum Chancen eingeräumt, eine Mehrheit für den Deal zu bekommen. Zu groß ist der Widerstand.
Etwa 100 Abgeordnete ihrer eigenen Partei haben sich bereits gegen das Abkommen ausgesprochen. Die Oppositionsparteien wollen ohnehin geschlossen dagegen stimmen. Am Montag wurde eigentlich nur noch darüber spekuliert, wie schlimm Mays Niederlage ausfällt. Labour-Chef Jeremy Corbyn kündigte für diesen Fall ein Misstrauensvotum gegen May im Parlament an.
Sollten sich die Beteiligten auch in den kommenden Wochen nicht auf ein weiteres Vorgehen einigen, droht ein EU-Austritt ohne Abkommen mit dramatischen Konsequenzen für die Industrie und viele andere Lebensbereiche. Davor warnte am Montag die deutsche Wirtschaft. „Ohne Deal würden zusätzlich Millionen an Zollanmeldungen und Milliarden an Zöllen fällig“, sagte DIHKPräsident Eric Schweitzer.
Am Montag kämpfte May jedoch im Parlament noch einmal um Unterstützung. „Geben Sie diesem Deal eine zweite Chance“, sagte sie. Nur so könne ein chaotischer EU-Austritt oder ein Brexit-Stopp verhindert werden. Die EU hält nun eine Verschiebung des Brexits über das vorgesehene Datum 29. März hinaus für möglich. Einige Parlamentarier gehen sogar noch weiter: Sie geben die Hoffnung nicht auf, dass Großbritannien doch Mitglied bleiben könnte. Mehr als 100 Europaabgeordnete richteten in einem offenen Brief einen emotionalen Appell an die Briten: „Wir bitten darum, im Interesse der nächsten Generation den Austritt zu überdenken.“May will aber keine Abkehr vom Brexit und auch keine Verschiebung.