Gränzbote

Der Club 80 ist ein Stück Heimat

Die Tagesstätt­e gibt psychisch Erkrankten einen Halt – Serie Teil 2

- Von Claudia Steckeler

TUTTLINGEN - Sich in unkomplizi­erter, lockerer Runde treffen, gemeinsam essen, arbeiten, spielen, basteln, singen, das alles ist in der Tagesstätt­e Club 80 des Psychosozi­alen Förderkrei­ses Tuttlingen in der Neuhauser Straße 13 möglich. Hier gibt es für Erwachsene mit psychische­n Erkrankung­en an fünf Tagen in der Woche die verschiede­nsten Möglichkei­ten, den persönlich­en Alltag wieder ein wenig zu strukturie­ren, Ängste im Umgang mit anderen Menschen abzubauen und Selbstvert­rauen zu gewinnen.

Die Tagesstätt­e Club 80 gibt es schon seit 1980. „Kliniken aus Rottweil und der Reichenau sind mit der Bitte an den damaligen Sozialdeze­rnenten Volker Kauder herangetre­ten, dass er doch für eine nachfolgen­de Betreuung von psychisch erkrankten Menschen sorgen sollte, die aus den Kliniken entlassen worden waren“, berichtet Sozialarbe­iterin Diana Schiele. Bis zu dem Zeitpunkt gab es im Landkreis Tuttlingen noch keine solche Einrichtun­g und auch keine Nachfolgeb­etreuung.

Gestartet wurde damals mit einem wöchentlic­hen Kaffeetref­f bei der Diakonie in der Blarerstra­ße. Danach ging es in ein Gebäude in der Königstraß­e, heute steht an dessen Platz die Stadthalle, und seit mehr als 30 Jahren ist der Treff in der Neuhauser Straße untergebra­cht.

Nachfrage wurde immer größer

„Marga Seibert war damals die erste Leiterin des Club 80“, erinnert sich Diana Schiele. „Bald schon wurde das Angebot auf zwei Nachmittag­e ausgeweite­t, denn die Nachfrage wurde immer größer. Es gab in der Stadt ja nichts anderes für psychisch erkrankte Erwachsene“, erklärt Diana Schiele. 1982 folgte die Gründung des Vereins „Psychosozi­aler Förderkrei­s“, der das Glück hatte, von einer Tuttlinger­in zwei Eigentumsw­ohnungen zu erben, die verkauft werden konnten, und von dem Erlös wurde dann das Haus in der Neuhauser Straße gekauft.

Die Nachfrage nahm immer mehr zu. Im Jahr 2000 folgte die Anerkennun­g der Tagesstätt­e durch den Wohlfahrts­verband, was jedoch mit Auflagen verbunden war: Die Tagesstätt­e musste an fünf Tagen in der Woche öffnen, drei Mal pro Woche sollte ein Essen angeboten werden, und es sollte eine Möglichkei­t für Wäsche und Arbeit geben.

Bis zu diesem Zeitpunkt war die Tagesstätt­e an drei Tagen, Montag, Donnerstag und Freitag auf. „Essen haben wir in dieser Zeit auch schon angeboten“, berichtet Sozialarbe­iterin Anita Moldenhaue­r. Die Besucher der Tagesstätt­e schätzen vor allem die zentrale Lage und viele von ihnen kommen täglich. „Wir haben keinen Bring- und Holdienst“erklärt Diana Schiele, „unsere Besucher müssen sich selbst organisier­en.“Seit Januar dieses Jahres ist auch Psychologi­n Barbara Wintsche mit „an Bord“und unterstütz­t das Team.

„Unsere Konzepte sind sehr niedrigsch­wellig ausgericht­et, so dass wirklich jeder mitmachen und sich einbringen kann“, bemerkt sie. „Es wird kein Mitgliedsb­eitrag erhoben, niemand benötigt eine ärztliche Überweisun­g. Zu uns kann jeder psychisch erkrankte Erwachsene kommen. Unsere Klienten kommen in der Regel von der Sozialarbe­it, Arztpraxen, oder durch Mund-zu-Mund-Propaganda.“

Kooperatio­n mit der Lebenshilf­e

Im Haus selbst gibt es ein „Werkstättl­e“. Hier werden in der Kooperatio­n mit der Lebenshilf­e kleinere Arbeiten ausgeführt. Es dient auch als Trainingsw­erkstatt für die Donauwerks­tatt der Lebenshilf­e. Dann gibt es da noch die Wäscherei für das „Kaffee Zeit“im Klinikum oder die Kaffeeecke im Diakoniela­den, außerdem Spiel- und Bastelange­bote, regelmäßig­e Treffen wie „Köpfchen, Köpfchen“, die Schmuckwer­kstatt, das gemeinsame Kochen, Essen, Frühstücke­n oder Singen.

„Jeder kann bei unseren Angeboten mitmachen, muss es aber nicht. Wir begleiten und unterstütz­en da wo es notwendig, oder gefordert wird“, betont Barbara Wintsche. Sie bedauert es, dass viele Menschen zu der einzigen Tagesstätt­e im Landkreis nicht kommen können, weil die Anfahrt zu weit und umständlic­h ist, und oftmals auch das notwendige Fahrgeld fehlt.

„Für unsere Besucher ist die Tageswerks­tatt Club 80 ein Stück Heimat, ein Familiener­satz, deshalb schließen wir in den Ferien generell auch nicht“, erklärt Diana Schiele. „Wir feiern die Jahreszeit­enfeste und Geburtstag­e, und alle zwei Monate unternehme­n wir gemeinsam einen Ausflug.“

 ?? FOTO: CLAUDIA STECKELER ?? Im Club 80 finden die Teilnehmer Anschluss, Unterhaltu­ng und Unterstütz­ung.
FOTO: CLAUDIA STECKELER Im Club 80 finden die Teilnehmer Anschluss, Unterhaltu­ng und Unterstütz­ung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany