Prügel-Affäre wird zum großen Problem für Macron
Das Saubermann-Image des französischen Präsidenten leidet massiv – Zwei Misstrauensanträge der Opposition gescheitert
● PARIS - Rechte und linke Parlamentsfraktionen haben am Dienstag in der französischen Nationalversammlung zwei Misstrauensanträge gegen die Regierung von Präsident Emmanuel Macron eingebracht. Ein Ereignis, das es seit 1980 nicht mehr gegeben hatte. Die Anträge der bürgerlichen Rechten und linker Parteien gegen die Mitte-Regierung bekamen aber bei Weitem nicht die erforderliche Mehrheit. Dennoch sind die Abstimmungen der Höhepunkt einer Affäre, in der der Staatschef Schwächen offenbarte.
Ausgelöst hatte die Affäre sein ehemaliger Sicherheitsbeauftragter Alexandre Benalla. Der 26-Jährige war am 1. Mai an der Seite der Polizei gegen zwei Demonstranten gewaltsam vorgegangen. Der Elysée bestrafte ihn dafür milde und verzichtete darauf, die Justiz einzuschalten. Als die Zeitung „Le Monde“vor zwei Wochen den Vorfall öffentlich machte, kam ein paralleles Sicherheitssystem rund um den Leibwächter zutage.
Außerdem wurden die Privilegien bekannt, von denen der Bodyguard profitierte: Dienstwagen mit Blaulicht, Zugang zur Nationalversammlung und Dienstwohnung, die er aber nicht nutzte. Macron übernahm die Verantwortung. „Dieser Skandal ist der eines Staatschefs, der einen Mann geschützt und bevorzugt hat, der ihm zu Diensten war“, kritisierte der konservative Fraktionschef Christian Jacob. „Die Republik der ungesunden Vetternwirtschaft herrscht nicht hier, sondern im Elysée.“
Macron war mit dem Anspruch angetreten, nach dem Skandal um die Beschäftigung von Familienangehörigen in der Nationalversammlung wieder mehr Moral in die Politik zu bringen. Vor einem Jahr wurde ein entsprechendes Gesetz verabschiedet. Es sollte verhindern, dass nicht mehr gemauschelt wird. Die Opposition nutzte ihre Misstrauensanträge, um genau diesen Anspruch zu beerdigen. „Die beispielhafte Republik gibt es nicht“, bemerkte der Chef der Sozialisten, Olivier Faure.
Regierungschef Edouard Philippe versuchte, die Angriffe herunterzuspielen. „Das ist die Affäre einzelner Fehler und kleiner Absprachen zwischen einem Beauftragten und der Polizei von Paris“, sagte der frühere Konservative unter dem Applaus der Abgeordneten der Regierungspartei La République en Marche (LREM), die in der Nationalversammlung 317 der 522 Abgeordneten stellt und deshalb die Misstrauensanträge nicht fürchten musste.
Macron erklärt sich nicht öffentlich
Präsident Macron hatte nach seinem redseligen Vorgänger François Hollande auf Distanz gesetzt. So weigerte sich der Präsident, nach Bekanntwerden der Prügelaffäre seinen Landsleuten den Vorfall zu erklären, von dem sich immerhin 80 Prozent schockiert zeigten. Stattdessen sprach er nach sechstägigem Schweigen zu den Abgeordneten seiner Partei hinter verschlossenen Türen. Als „Sturm im Wasserglas“tat er die Affäre ab und warf der Presse vor, „nicht die Wahrheit zu suchen“. Das kritisierte die Opposition nun mit einer Stimme. In seltener Einigkeit unterstützten die Abgeordneten der Linksaußen-Partei LFI den Antrag der Republikaner, obwohl sie einen zweiten zur Abstimmung brachten. „Das ist keine Frage der Parteien, sondern von Transparenz, Ehre und Ethik“, sagte Jacob.
In den Umfragen wirkt sich die Affäre bisher kaum aus. Laut dem Meinungsforschungsinstitut Ifop lag die Popularität des Präsidenten im Juli bei 39 Prozent – nur ein Prozentpunkt weniger als im Juni. Der Vorfall könnte allerdings langfristige Folgen haben. „Diese Affäre ist für die Leute das Zeichen, dass er seine Vertrauten bevorzugt hat, so, wie er die Reichen mit seiner Politik bevorzugt“, sagt der stellvertretende Generaldirektor von Ifop, Frédéric Dabi, im „Journal du Dimanche“. „Das kann sich zu einem schleichenden Gift entwickeln.“