„Autorität und Respekt haben nichts mit Alter zu tun“
Ex-Tuttlinger Nico Schneck ist mit 29 Jahren bereits Co-Trainer bei Fußball-Bundesligist Bayer 04 Leverkusen
TUTTLINGEN/LEVERKUSEN - Vor einem Jahr ist Nico Schneck erst ins Trainergeschäft eingestiegen. Seitdem ging es für den 29-Jährigen steil bergauf. Als Co-Trainer von Heiko Herrlich schaffte er mit Jahn Regensburg den Durchmarsch von der Regionalliga in die zweite Bundesliga. Seit wenigen Tagen steht fest, dass der frühere Spieler des SC 04 Tuttlingen dem Ex-Nationalspieler als Co-Trainer auch zu Bundesligist Bayer 04 Leverkusen folgen wird. „Ein Fußball-Märchen“, sagt Schneck über den Vierfach-Aufstieg in zwölf Monaten. Mit Redakteur Matthias Jansen sprach er über seinen ungewöhnlichen Werdegang, der mit einer Bewerbung begann.
Seit wenigen Tagen steht fest, dass Sie neuer Co-Trainer von Heiko Herrlich bei Bayer 04 Leverkusen werden. Darf man dazu gratulieren?
Wenn Sie das möchten, können Sie das gerne machen. Ich freue mich auf die Aufgabe und sehe es als tolle Herausforderung. Bayer 04 gehörte in den vergangenen Jahren immer zu den Top fünf, sechs in Deutschland. Für mich ist es aber auch eine Anerkennung von Heiko Herrlich. Schließlich haben wir uns erst in Regensburg kennengelernt. Schneck
Wie ist es denn zu der Begegnung zwischen ihnen gekommen?
Ich wusste, dass Jahn Regensburg einen Mitarbeiter mit sportwissenschaftlichem Hintergrund sucht. Also habe ich mich beworben, auch wenn ich die Bachelor-Arbeit noch abschließen muss. Dann hat es Gespräche mit Christian Keller (Geschäftsführer von Jahn Regensburg/ Anm. d. Red.) und Heiko Herrlich gegeben. Es war aber noch nicht klar, dass ich als Co-Trainer arbeiten werde. Erst mit der erfolgreichen Relegation und dem Aufstieg in die 3. Liga hat es sich ergeben.
Wie ist denn das Verhältnis von Ihnen und Heiko Herrlich?
Wir ticken schon sehr ähnlich. Auch wenn wir ein paar Jahre auseinander liegen, ist doch die Werte-Welt sehr nah. Der Umgang mit den Menschen, Dankbarkeit, Demut, Bescheidenheit, Zurückhaltung - das sind alles Werte, die ich von zu Hause mitbekommen und bei Heiko Herrlich wiedergefunden habe. Ich bin froh, so einen Mentor zu haben. Die gleichen Werte zu haben, macht den Umgang einfacher. Es ist aber nicht so, dass wir uns nur Honig um den Mund schmieren. Es gibt auch Kritik. Konstruktiv geäußert bringt sie einen weiter.
Warum sind Sie eigentlich schon Trainer? Mit 29 Jahren sind Sie im besten Fußballalter und könnten selbst noch spielen.
Das stimmt. Der Schritt ins Trainergeschäft war auch nicht geplant. Auch wenn es mein Wunsch war, weiter im Bereich des Fußballs bleiben zu dürfen. Ich spiele Fußball, seit ich laufen kann. Mein Vater Walter ist selbst seit langen Jahren Trainer. Die Chance, gleich in der dritten Liga als Co-Trainer anfangen zu können, ist ungewöhnlich. Freunde haben zu mir gesagt, ob ich nicht lieber weiter spielen will - ich würde etwas vermissen. Ein Jahr später kann ich sagen: Ich habe nicht das Gefühl, zu früh aufgehört zu haben. Ich trauere nichts nach und die Arbeit mit den Spielern macht großen Spaß.
In Regensburg haben Sie in der zweiten Mannschaft noch gespielt. Wird es noch den Einsatz für Bayer 04 Leverkusen in der Bundesliga geben?
Man soll nie, nie sagen. Aber: (lacht) ein Spiel in der Bundesliga kann ich dann doch ausschließen. Ich habe für Arminia Bielefeld einmal in der 3. Liga gespielt. Alles ist gut, ich habe nichts verpasst. Als Aktiver hatte ich eine tolle Zeit.
War eigentlich mit dem Weggang von Heiko Herrlich klar, dass Sie auch nach Leverkusen wechseln würden?
Bei Heiko Herrlich ging alles ganz schnell, innerhalb weniger Tage. Er hat mich angerufen und gesagt, dass er die Möglichkeit hat, Trainer von Bayer 04 Leverkusen zu werden und mich gefragt, ob ich mitgehe. Er würde die Aufgabe gerne mit mir zusammen annehmen. Trotzdem war mein Wechsel nach Leverkusen längst nicht entschieden. Ich hatte meinen Vertrag in Regensburg gerade erst verlängert. Ich habe dann mit dem Jahn gesprochen. Es ist eine Chance, die man nicht häufig bekommen wird. Die Rückmeldung aus Regensburg war sehr positiv. Es gab kein Unverständnis. Sie haben mir keine Steine in den Weg gelegt.
Nach dem schnellen Einstieg ins Trainergeschäft: Wie sieht es eigentlich mit Ihren Lizenzen aus?
Ich habe schon im Studium in Bielefeld damit angefangen und die B-Lizenz erworben. Ich werde jetzt nach und nach die weiteren Scheine machen. Das hätte ich aber ohnehin gemacht. Das ist unabhängig von Leverkusen.
Müssen Sie sich als Trainer im „Haifischbecken“Bundesliga eigentlich umstellen? Die Profis gelten als ausgebufft, einige werden auch älter als Sie sein.
Auch in Regensburg gab es ältere Spieler im Kader. Ich glaube aber, dass Autorität und Respekt nichts mit dem Alter zu tun haben. Es kommt auf den Umgang an. Wenn man ehrlich und fair mit dem Spieler umgeht, ist es egal, ob man als Trainer autoritär ist. Wenn ich mich verbiegen würde, um ein autoritärer Typ zu sein, - was ich nicht bin - dann würde mir das keiner abnehmen. Meine Stärke in Regensburg war, dass ich einen guten Draht zu den Spielern hatte und versucht habe, auch abseits des Platzes ein offenes Ohr zu haben. Trotzdem hatte ich nie das Gefühl, dass das, was ich gesagt habe, nicht umgesetzt worden wäre.
Was hat Ihr Vater gesagt, als er von Ihrem Engagement in Leverkusen erfahren hat?
Er hat sich riesig gefreut. Das hat er aber schon getan, als ich in Regensburg angefangen habe. Als ich ihn mit der Nachricht überraschte, dass ich nach Leverkusen gehe, hat er sich wieder gefreut. Sein Ziel ist es, jedes unserer Spiele zu sehen. Es ist schön für mich, wenn ich ihm mit diesen Nachrichten eine Freude machen kann. Mein Vater hat den Fußball gelebt. Und was die Lizenzen betrifft, habe ich ihm gegenüber noch etwas nachzuholen.
Sie haben auch in Tuttlingen gespielt. Wie intensiv beobachten Sie das Geschehen dort noch?
Ich habe nach wie vor Bekannte in Tuttlingen. Ertan Tasdemirci ist ein guter Freund. Wir hatten immer Kontakt, auch in den Zeiten, als mein Vater nicht Trainer des SC 04 war. Und Bernhard Mussgnug hat mich immer beraten und Hilfe angeboten, wenn es um vertragliche Inhalte ging. Die Verbindung besteht weiterhin, ich habe stets verfolgt, wie der aktuelle Stand ist.