Gränzbote

Merkels Plan gegen Migration

Kanzlerin möchte jungen Afrikanern Perspektiv­en geben

- Von Sabine Lennartz

BERLIN (AFP/sal) - Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hat sich zu Beginn des G20-Afrikagipf­els in Berlin für mehr privatwirt­schaftlich­es Engagement starkgemac­ht und dazu aufgerufen, in eine „gemeinsame Zukunft“zu investiere­n. Wichtig sei es vor allem, jungen Menschen in Afrika eine Perspektiv­e zu verschaffe­n, auch um damit die Ursachen von Flucht und Migration zu bekämpfen. Es sei wichtig, „nicht über Afrika, sondern mit Afrika zu sprechen“, sagte sie am Montag zum Start der Konferenz, bei der Gespräche mit vielen afrikanisc­hen Staats- und Regierungs­chefs geplant sind.

Afrikas Entwicklun­g liege – trotz der Fortschrit­te zuletzt – in vielen Ländern hinter dem zurück, was angesichts der Bevölkerun­gsentwickl­ung nötig wäre. Auch Sicherheit sei nicht überall gewährleis­tet. „Nur dort, wo Sicherheit gewährleis­tet ist, kann überhaupt Entwicklun­g stattfinde­n“, so Merkel.

BERLIN - Zur G20-Afrika-Konferenz geben sich zahlreiche afrikanisc­he Landesfürs­ten in Berlin die Klinke in die Hand, manche von ihnen alles andere als lupenreine Demokraten. Doch die Partnersch­aft für die wirtschaft­liche Entwicklun­g in Afrika „Compact with Africa“ist eines der zentralen deutschen G20-Vorhaben – auch um Perspektiv­en für die junge Bevölkerun­g zu schaffen und damit den Migrations­druck zu vermindern. „Reden Sie Tacheles“, fordert Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) die afrikanisc­hen Konferenzt­eilnehmer zum Auftakt am Montag in Berlin auf.

Der Präsident der Elfenbeink­üste, Alassane Ouattara, sagt auf der Konferenz im Berliner Gasometer, der Marshall-Plan sei nicht länger ein Plan für Afrika, sondern mit Afrika. „Ein Marshall-Plan, den ich jetzt Merkel-Plan nenne.“Deutschlan­d hat sich für seine G20-Präsidents­chaft in diesem Jahr das Ziel gesetzt, die Zusammenar­beit mit Afrika voranzutre­iben, nicht zuletzt, damit nicht mehr so viele junge Männer über das Mittelmeer flüchten. „Junge Afrikaner bleiben lieber zu Hause, deshalb brauchen wir starkes Wachstum“, bekräftigt Ouattara den deutschen Kurs. Investitio­nen hätten auch in Europa zum Aufschwung geführt, gleiches hofft er für sein Heimatland.

300 Millionen Euro

Die Elfenbeink­üste, Ghana und Tunesien sind die drei Länder, die sich Entwicklun­gsminister Gerd Müller (CSU) für die deutsche Hilfe ausgesucht hat. 300 Millionen Euro sollen in Investitio­nspartners­chaften mit diesen Ländern fließen. Entscheide­nd für die Auswahl war, dass diese Länder einen nationalen Reformansa­tz haben. „Allein mit öffentlich­en Geldern erreichen wir unsere Ziele nicht“, so Müller, deshalb gehe es immer auch um Rechtssich­erheit und soziale Standards.

Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi sprach vor dem Gipfel mit Gerd Müller und traf am Spätnachmi­ttag die Kanzlerin. Al-Sisi zeigt großes Interesse, bei der Gruppe der Partnerlän­der dabei zu sein. Müller sieht dafür gute Chancen.

„Afrika baut auf Europa“, sagt Müller, und die europäisch­e Wirtschaft brauche einen Weckruf. Der sieht so aus, dass die Bedingunge­n der Hermesbürg­schaften, also der Kreditvers­icherungen der Bundesrepu­blik für die exportiere­nden deutschen Unternehme­n, verbessert werden sollen. Die Unternehme­r sollen nur noch fünf statt bisher zehn Prozent des Risikos tragen. Das werde Investitio­nen fördern, hofft man.

Nichtregie­rungsorgan­isationen vom G20-Alternativ­gipfel kritisiere­n dagegen, es gehe nur darum, in Zeiten anhaltende­r Niedrigzin­sphasen sichere Anlagemögl­ichkeiten für Anleger in Afrika zu schaffen. Entwicklun­gsminister Gerd Müller appelliert nicht nur an das Profitdenk­en für Europa, sondern auch an die Moral. Wer 20 Milliarden Euro für eine Fußball-WM in Katar ausgeben könne, der müsse auch vier Milliarden Euro für das Überleben der Menschen in Ostafrika bereitstel­len können. „Wir können den Hunger besiegen, warum tun wir es nicht?“Kanzlerin Merkel richtet auch mahnende Worte an die Regierungs­chefs. „Afrika muss dynamische­r werden“, da gebe es noch sehr viel zu tun.

Bis 2050, so die Kanzlerin, verdoppele sich die Bevölkerun­g des schwarzen Kontinents. Bis jetzt sei weder die Sicherheit ausreichen­d gewährleis­tet noch der Schutz vor menschlich­en Tragödien. „Wir müssen neu denken lernen.“Die Konferenz in Berlin bereitet den G20-Gipfel in Hamburg am 7. und 8. Juli vor.

Merkel lobt ausdrückli­ch afrikanisc­he Länder wie Mali, das in der Terrorismu­sbekämpfun­g mutig die Verantwort­ung in die eigene Hand nimmt. Merkel warnt aber auch sehr klar: „Wenn es in Afrika zu viel Hoffnungsl­osigkeit gibt, sind es natürlich junge Menschen, die woanders ihre Zukunft suchen.“

Privatsekt­or gefragt

Der Präsident der Afrikanisc­hen Union, Alpha Condé, dankt für die Gelegenhei­t, beim Gipfel in Berlin das Geschäftsk­lima zu verbessern. Sein Kontinent habe im vergangene­n Jahrzehnt ein größeres Wachstum erzielt als in den 20 Jahren zuvor. Es mangele nicht an Plänen und Initiative­n, ohne dass sich bis jetzt die gewünschte­n Ergebnisse einstellte­n. „Wir brauchen eine stärkere Beteiligun­g des Privatsekt­ors“, ist seine Forderung, bei der er mit der Bundesregi­erung übereinsti­mmt.

 ?? FOTO: DPA ?? Kanzlerin und Gäste: Angela Merkel (CDU) mit den Staatschef­s (von rechts neben IWF-Chefin Christine Lagarde): Paul Kagame (Ruanda), Abdel Fattah al-Sisi (Ägypten), der Präsident der Afrikanisc­hen Union, Alpha Condé (Guinea), Beji Caid Essebsi...
FOTO: DPA Kanzlerin und Gäste: Angela Merkel (CDU) mit den Staatschef­s (von rechts neben IWF-Chefin Christine Lagarde): Paul Kagame (Ruanda), Abdel Fattah al-Sisi (Ägypten), der Präsident der Afrikanisc­hen Union, Alpha Condé (Guinea), Beji Caid Essebsi...

Newspapers in German

Newspapers from Germany