Gränzbote

Integratio­n mit Humor und Youtube

Filmemache­r Firas Alshater stellt im Jugendkult­urzentrum seine Videos und sein Leben vor

- Von Jeremias Heppeler

TUTTLINGEN - Was passiert wenn sich ein syrischer Flüchtling mit verbundene­n Augen und einem Schild mit der Aufschrift: „Ich vertraue dir. Vertraust du mir auch? Dann umarme mich!“auf den Berliner Alexanderp­latz stellt? Nun, zunächst einmal gar nichts. Darüber sprach der Filmemache­r und Autor Firas Alshater am Donnerstag­abend im Tuttlinger Jukuz.

„Ich habe gelernt, die Deutschen brauchen länger Zeit. Aber dann sind sie nicht mehr zu stoppen. Aber darum glaube ich, dass die Integratio­n klappen wird. Irgendwann“, meint Alshater, der mit diesem Experiment seinen Youtube-Kanal eröffnete und der sich im Verlauf des Videos kaum noch vor potentiell­en Umarmungen retten konnte. Mittlerwei­le wurde das Video über eine Million Mal geschaut, 22 000 Abonnenten verfolgen Alshaters Kanal „Zukar“auf Youtube. Dazu hat das syrische Multitalen­t ein Buch mit dem Titel „Ich komm auf Deutschlan­d zu“geschriebe­n.

Die Veranstalt­ung der Stadt Tuttlingen und des Jugendkult­urzentrums wurde von der Baden-Württember­g-Stiftung gefördert, sodass der Eintritt für alle Besucher frei war. Der Veranstalt­ungssaal war brechend voll mit Interessie­rten aus allen Altersstuf­en und den unterschie­dlichsten Ländern.

Im Saal war ständig Bewegung, es wurde lautstark geklatscht, gelacht und getuschelt, so dass Alshater sein Publikum mehrmals kurz zurechtwei­sen musste. Christof „Stiefel“Manz führte gemeinsam mit dem Autor durch den Abend und löcherte seinen in Damaskus geborenen Gesprächsp­artner zu Themen wie Flucht, Integratio­n und Unterschie­de zwischen Deutschlan­d und Syrien. Die Diskussion nutzte der Youtuber immer wieder, um Kapitel aus seinem Buch oder kurze witzige Videos zu präsentier­en. „Ich hab genug Hass gesehen. Mit Lachen und Humor erreicht man viel mehr“, beschrieb der 1991 Geborene seine Grundmotiv­ation – obwohl Alshater als Kritiker des Assadsregi­me gefoltert wurde und durch einen Bombenansc­hlag seinen Freund Tamer Alawan verlor.

Zum Ende konnte auch das Publikum – darunter viele syrische Besucher – Fragen stellen. Ein syrischer Gast fragte: „Stimmt es, dass du nicht an Gott glaubst?“„Ich akzeptiere alle Religionen“, so Alshaters Antwort, „ich gehe mit allen offen um, denn keiner kann etwas für seine Religion.“

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