Ein Debakel zu viel – Schmidt bei Bayer beurlaubt
Mehrfach stand er vor dem Rauswurf – nun ist es offiziell
LEVERKUSEN (dp/SID) - Nun also doch. Schon einige Male stand Bayer Leverkusens Trainer Roger Schmidt in dieser Saison vor dem Rauswurf, konnte seinen Posten aber immer retten. Das 2:6 bei Borussia Dortmund aber wohl ein Debakel zu viel: Nach einem monatelangen Kampf um einen Aufschwung und Konstanz ist Stehaufmännchen Schmidt beurlaubt worden.
Schmidt, der am 13. März 50 Jahre alt wird, hatte Bayer im Sommer 2014 übernommen und noch einen Vertrag bis zum 30. Juni 2019. Montag soll auf einer außerordentlichen Pressekonferenz eine Interimslösung benannt werden. Der neue Trainer wird erstmals im Ligaspiel am Freitag gegen Werder Bremen auf der Bank sitzen. Fünf Tage später tritt Leverkusen mit der 2:4-Hypothek aus dem Hinspiel im Achtelfinale der Champions League beim Vorjahresfinalisten Atlético Madrid an.
Völler bedauert es
Immer wieder hatten Bayer Bosse dem Westfalen den Rücken gestärkt. Zudem hatte er seinen Posten mit Siegen in brenzligen Situationen immer wieder gerettet. Doch letztlich sprach zu viel gegen ihn: Allen voran die Ergebnisse – Bayer spielt die schlechteste Bundesliga-Saison seit 14 Jahren und scheiterte im Pokal bereits in der zweiten Runde beim Drittligisten Sportfreunde Lotte. Und das, obwohl der Club im Sommer keine Leistungsträger abgeben musste und Leverkusen für seine Zugänge eigentlich von allen Experten gelobt worden war. Zudem war es dem Gesellschafterausschuss ein Dorn im Auge, dass er wegen Fehlverhaltens an der Seitenline sowohl in dieser als auch schon in der vergangenen Saison gesperrt wurde.
„Angesichts der aktuellen sportlichen Entwicklung sind wir nach sehr ausführlicher Analyse und Beratung zu der Auffassung gelangt, dass eine Trennung zwar schmerzhaft, aber für die weitere Entwicklung und Ziel erreichung von Bayer 04 unumgänglich ist“, erklärte Geschäftsführer Michael Schade.
Sportchef Rudi Völler erklärte, er halte Schmidt „für einen absoluten Top-Trainer“. „Aber wir mussten jetzt handeln, wenn wir unsere Ziele nicht vollends aus den Augen verlieren wollen. Die Spieler stehen nach der Trennung von Roger Schmidt mehr denn je in der Pflicht und in der Verantwortung, diese Qualitäten wieder freizusetzen.“
Schmidt, der die Mannschaft zweimal in die Champions League führte und die Gruppenphase dieses Jahr ohne Niederlage abschloss, hatte am Samstag noch mit einer recht eigenwilligen Interpretation der Leistung seines Teams überrascht nach dem 2:6. „Es hört sich komisch an, aber es war ein guter Schritt in die richtige Richtung“, hatte er geäußert. Das war am Tag danach Makulatur. Schon letzte Woche hatte Schmidt über seinen möglichen Abschied gesprochen. „Ich bin Realist. Wenn Rudi Völler irgendwann der Meinung ist, dass ich nicht mehr der richtige Trainer für Bayer bin, wird er mir das auch sagen“, sagte er. Es ging schneller, als er dachte.